von Sarah Stutte
Tim Burtons neuer Streich Alice in Wonderland scheint schon vor dem offiziellen Kinostart am 4. März zu polarisieren. Weil Disney die geplante DVD-Vermarktung bereits nach 13 Wochen lancieren will, drohen jetzt mehrere europäische Kinounternehmen mit dem Boykott des 3D-Films.
In den Niederlanden wollen die vier grössten Kinoketten des Landes den Film aus ihrem Programm streichen, auch Italien und England möchten mitziehen. Ein Boykott in England wäre besonders fatal, denn Tim Burton ist bekanntlich dort heimisch, genauso wie der Grossteil des Casts. In London soll zudem am 25. Februar die grosse Weltpremiere stattfinden, zu der auch Prinz Charles geladen sein wird.
Grund für die ganze Aufregung: In der Branche ist ein exklusiver Auswertungszeitraum von 17 Wochen für die Kinos üblich. Kommt der Film zu früh in den Handel, fürchten die Kinobetreiber finanzielle Verluste. Doch Disney will offenbar zum Einen die eigene Kasse schnellstmöglich aufbessern und zweitens der illegalen Verbreitung des Films im Internet zuvorkommen. In den USA ist es teilweise schon Gang und Gebe, dass die Filme bereits 90 Tage nach Kinostart als DVD und Blu-ray erhältlich sind. So wie es im Moment ausschaut, verlieren die Kinounternehmen aber in jedem Fall. Denn die Neuverfilmung des Klassikers von Lewis Caroll gilt als der potenzielle Kassenschlager des ersten Halbjahres. Ihn ganz zu übergehen, würde noch erheblichere Einnahmebussen zur Folge haben. Doch auch für Disney wäre ein Boykott des Films sicher gar nicht dienlich und der Konzern muss sich jetzt fragen, mit welcher Entscheidung für ihn weniger Verlust einhergeht.
In der Schweiz gibt es dagegen keine Anzeichen für einen Aufstand, da Disney vereinbart hat, die hier übliche viermonatige Frist für die Home-Cinema Vermarktung einzuhalten. Trotzdem erhitzt die Diskussion auch bei uns die Gemüter. Viele sind der Meinung, dass sich die Kinos mit dieser Aktion selber ein Bein stellen, denn auf DVD und Blu-ray ist ein 3D-Film nunmal nur halb so gut. Ergo könnte Disney auch schon eine Woche nach Kinostart den Streifen für zuhause kaufbar machen, es würden vermutlich trotzdem noch viele in die Lichtspielhäuser rennen. Ausser denen vielleicht, die ihr Heim schon technisch aufgemotzt und für 3D entsprechend umgerüstet haben. Der Rest fragt sich sicher zweimal, ob er den gleichen Preis, den er für ein Standard-Sehvergnügen zahlt, nicht lieber für ein spektakuläres Erlebnis auf grosser Leinwand mit tollen Effekten ausgibt.
Viel schlimmer sind hingegen die frühen DVD-Veröffentlichungen herkömmlicher Filme für die Kinos, aber auch für die Vertriebe. Natürlich suchen diese nach Möglichkeiten, der Internet-Piraterie Einhalt zu gebieten, doch eigentlich bieten sie mit einem vorgezogenen DVD-Beginn nur einen weiteren Anreiz, den Film eben nicht im Kino anschauen zu müssen. Deshalb sterben auch die kleinen Kinos, die sich eine Umstellung auf 3D einfach nicht leisten können, als erstes. Dass die grossen Kinoketten sich gegen die DVD-Politik des Riesen Disney zur Wehr setzen, ist im Ansatz deshalb sicherlich richtig. Logisch wäre es aber, diesen Streik generell zu führen, denn die verfrühten DVD’s der 2D-Filme brechen den Kinos letztendlich das Genick.
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