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Ein Besuch im Museum von Studio Ghibli

28/08/2010 By Simon Reber Leave a Comment

von Simon Reber

Das Ghibli-Museum in Mitaka, knapp eine Zug-Stunde von Shibuya, Tokio entfernt, ist eine Reise wert. Gar einen Umweg. Wenn möglich sollten Ghibli-Fans gleich zwei Besuche einplanen. Einmal ist keinmal, bei der Menge an sehenswertem Material. Und wer glaubt, schon alles gesehen zu haben, soll es sich im Café gemütlich machen, einen Grüntee trinken, sich einen der leckeren Ghibli-Hotdogs gönnen und dabei die einzigartige Atmosphäre dieses Museums geniessen. Ein Besuch dort heisst: einzutauchen in eine magische und fantastische Welt, die Hektik des Alltags hinter sich zu lassen und seine volle Aufmerksamkeit den wundersamen und unnachahmlichen Filmwelten des Studios Ghibli und ihrem unwiderstehlichen Charme zu widmen. Doch aufgepasst: Wer während seines Besuches nicht genau hinschaut, der verpasst so einiges. Denn es gibt viel zu sehen: Die Fenster sind mit bunten Glasmalereien verziert, zeigen Szenen aus den bekanntesten Filmen aus der Feder des Studios Ghibli. Im ganzen Museum gibt es winzige, versteckte Kämmerchen zu entdecken oder rostige Schiffsluken, zum Bersten voll mit den niedlichen Russmännchen, die man aus Spirited Away und My Neighbor Totoro kennt. Überhaupt, das Museum verlangt ausgekundschaftet zu werden: Da sind Wendeltreppen, so eng und klein, dass man glaubt, nicht mehr weiter gehen zu können, bis sie den begierigen Entdecker schliesslich an geheimnisvolle Orte führen. Es gibt Türen, die gar keine sind, daneben versteckte Spiegel, und wenn man genau hinschaut, glaubt man auch den kleinen blauen Totoro, sein ordentlich gepacktes Bündelchen über den Schultern, erspäht zu haben. Da, um die Ecke – und weg ist er. Erwachsene dürfen endlich wieder Kind sein, müssen sich nicht dem weitaufgerissenen, erwartungsvollen Blick der süssen Ponyo entziehen, die in allen erdenklichen Grössen von den Regalen des wunderschönen Museumsshop herab die Besucher beobachtet. Lediglich der Katzenbus-Spielplatz im zweiten Stock ist den Kleinen vorbehalten – schade eigentlich.

Wer sich näher mit den einzelnen Filmen des Studios Ghibli beschäftigen möchte, dem sei die Dauerausstellung im ersten Stock empfohlen. Die Wände sind vollgepflastert mit Bleistiftskizzen, Storyboards und fertigen Zelluloidfolien. Es gibt Löcher in den Wänden, durch die geschaut werden kann, Kurbeln, die gedreht und Schalter, die betätigt werden wollen. Wer des Japanischen mächtig ist, kann sämtliche Drehbücher lesen, mitsamt Notizen von Miyazaki höchstpersönlich – alle anderen blicken gespannt auf die zahlreichen Fernsehbildschirme, auf welchen dem interessierten Besucher die einzelnen Animationsprozesse erläutert werden. Von überall her erklingt Musik, und wer genau hinhört, erkennt das freudige Geschrei und Glucksen jener Kinder, die den flauschigen Katzenbus zum ersten Mal erblickt haben.

Nebst der Dauer- gibt es immer auch Temporärausstellungen. Oft wird dem Besucher neues Material rund um die angekündigten Filme gezeigt. Vor zwei Jahren war eine solche Ausstellung Ponyogewidmet. Diesen Sommer wiederum waren die Räumlichkeiten mit Hintergrundwissen zu Studio Ghiblis Kurzfilmen geschmückt – Kurzfilme, die nur im Museum gesehen werden können. Ein Muss für jeden Besucher. So ermöglicht jeder Eintritt ins Museum – zum Preis von umgerechnet etwa zehn Franken – gleichzeitig auch die Sichtung eines solchen exklusiven Kurzfilms. Da das Filmprogramm aber nur alle paar Monate wechselt, sollten all jene, die sämtliche Filmchen sehen möchte, dem Museum vermehrt einen Besuch abstatten. Lohnen würde sich das allemal: Von Miyazaki Hayao höchstpersönlich inszeniert sind diese fünfzehnminütigen Filme das absolute Highlight des Museumsbesuches.

Studio Ghibli: Ein Rückblick

Die siebzehn Spielfilme, die seit dem Gründungsjahr 1985 unter dem Logo des Studios Ghibli erschienen sind, suchen ihresgleichen im Filmpantheon. Beide Gründer, Takahata Isao und Miyazaki Hayao, sind Ausnahmeerscheinungen, ihre Sichtweisen in der Welt des Films einzigartig. Zurecht haben ihre Filmwerke einen besonderen Platz im Herzen vieler Filmfans aller Welt gefunden. Beide schaffen sie fantastische Welten, erzählen manchmal herzerwärmende, oft traurige, immer aber magische und berührende Geschichten, die frei sind von jeglicher Banalität, wie sie so oft in gängigen Zeichentrickfilmen zelebriert wird. Odell und LeBlanc bringen es in der Einführung ihres Buchs The Films of Hayao Miyazaki and Isao Takahata genau auf den Punkt: „The remarkable films of Studio Ghibli show, without a shadow of a doubt, that cinema can be art. Often the terms ‘art’ and ‘cinema’ result in products that distance audiences, but Ghibli makes films that touch the soul, that can enrapture and delight everyone from toddlers to pensioners”.

Doch den Erfolg mussten sie sich hart erkämpfen. Während Studio Ghiblis erster Film Nausicaä of the Valley of the Wind ein finanzieller Erfolg war, hatten es ihre Nachfolger zunehmend schwer an den Kinokassen. Miyazakis My Neighbor Totoro wurde 1988 sogar zusammen mit Takahatas Grave of the Fireflies in den Kinos gezeigt, da man sich nicht sicher war, ob der Film dem Geschmack des Publikums für sich allein genommen überhaupt entsprechen würde. Erst mit Miyazakis Kiki’s Delivery Service aus dem Jahre 1989, der die ermunternde Geschichte der jungen Hexe Kiki erzählt, die mit ihrem eigenen Lieferservice langsam ihren Platz in der Gesellschaft findet und sich so zur selbständigen Frau entwickelt, konnten wieder finanzielle Erfolge gefeiert werden. Für Studio Ghibli öffneten sich verdientermassen alle Türen. Miyazakis und Takahatas Filme wurden grösser, anspruchsvoller, fantastischer – und der Erfolg blieb. Erstmals konnten heiklere Filmprojekte in Betracht gezogen werden: zu denken ist an Takahatas ambitiöses My Neighbours Yamada oder Tomomis Ocean Waves, die bittersüsse Meditation über das Erwachsenwerden, welche lediglich für das japanische Fernsehen produziert worden war.

International feierte das Studio Ghibli seinen bisher grössten Erfolg mit Spirited Away, in gewisser Weise Miyazakis persönliches Alice im Wunderland, der 2003 sowohl den Oscar wie auch den Goldenen Bären des Berliner Film Festivals gewinnen konnte. Chihiros Reise ins Zauberland, so die deutsche Übersetzung, erzählt die Geschichte der schüchternen Chihiro, die mit ihren Eltern auf dem Weg zu ihrem neuen Zuhause auf eine scheinbar verlassene Stadt trifft. In einem menschenleeren Restaurant stopfen sich ihre Eltern hemmungslos mit allerlei Esswaren voll, woraufhin sie sich in Schweine verwandeln. Chihiro macht es sich nun zur Aufgabe, ihre Eltern von diesem Zauber zu erlösen. Mit einer unglaublichen Energie wird die Geschichte erzählt – Miyazaki erschafft eine glaubhafte, magische, von den irrwitzigsten Kreaturen bevölkerte Welt. Bewegend weist der japanische Ausnahmeregisseur auf die Schwierigkeit hin, mit Fremdem zurechtzukommen. Chihiro muss ihre eigene Angst überwinden, wird im Laufe des Films tapferer und erkennt, dass sie in dieser fremden Welt selbstbewusst ihren Weg finden muss, wenn sie je wieder mit ihren Eltern nach Hause kommen möchte.

Spirited Away kann als eine der Sternstunden der Filmgeschichte bezeichnet werden. Ein einzigartiges Meisterwerk des Animationsfilms, das selbst vom Meister höchstpersönlich kaum mehr übertroffen werden kann. Miyazakis erzählerische Brillanz, seine einfühlsame und ehrliche Auseinandersetzung mit dem Erwachsenwerden und die eigentümlichen Charaktere, deren Regeln und Logik undurchschaubar sind, bleiben einmalig und unerreichbar. Auch Studio Ghiblis siebzehnter Film, Karigurashi no Arrietty (übersetzt: „Die Borger“), der am 17. Juli 2010 in Tokio Premiere feierte, vermag es nicht, Spirited Away zu übertreffen. Muss er aber auch nicht, denn Yonebayashis Erstlingswerk schafft das Publikum auch so zu begeistern. Arrietty reiht sich somit nahtlos in Ghiblis Filmoeuvre ein. Ich kann mich glücklich schätzen, den Film schon gesehen zu haben.

Karigurashi no Arrietty

In den Häusern – versteckt, verborgen und im Geheimen – leben sie, die Borger. Ein wenig grösser als ein Radiergummi, kleiner aber als ein Bleistift, sehen sie ansonsten aus wie Menschen und leben auch dementsprechend: in einem kleinen Häuschen mit Küche, Bad und Schlafzimmer, mit karierten Vorhängen, Postern an den Wänden und frischen Schnittblumen auf dem fein säuberlich geputzten Tisch. Um überleben zu können, wagen sie sich bei Nacht aus ihrer gemütlichen Bleibe und machen sich auf, in den Zimmern ihrer grossen Mitbewohner nach Esswaren und sonstigen Necessitäten zu stöbern: In der Küche wird ein wenig Zucker, aus der Werkstatt ein Stückchen Schnur geborgt, und mit ein bisschen Glück stolpert man über eine Nähnadel, die prima zum Degen umfunktioniert werden kann. Sie sind Jäger und Sammler, eine Mischung aus Familie Robinson und einer romantisierten Darstellung des Urmenschen. Sie nehmen sich, was sie brauchen, nicht mehr und nicht weniger. Und trotz nicht existierendem Überfluss scheinen sie glücklich zu sein – im Einklang mit der Natur.

Arrietty, die jugendliche Borger-Protagonistin, schmächtig, athletisch und furchtlos, steht kurz vor ihrem ersten nächtlichen Borgausflug mit ihrem Vater. Doch im Gegensatz zu ihren Eltern fürchtet sie sich nicht vor den Menschen – im Gegenteil, sie fühlt sich zu ihnen hingezogen. Arrietty ist, zum Leid ihrer Eltern, fasziniert von den Menschen. Allen voran Sho hat es ihr angetan. Der schwerkranke Zwölfjährige hat sie auf einer ihrer Gartenausflüge gesichtet und bemüht sich nun, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Eine ungewöhnliche Freundschaft erblüht.

Yonebayashi Hiromasa, der das Skript von Altmeister Miyazaki umsetzen und damit als jüngster Regisseur eines Ghibli-Films auf dem Regiestuhl Platz nehmen durfte, verzichtet auf Effekthascherei und beschränkt sich stattdessen auf die Beziehung der beiden Protagonisten. Dabei setzt sich der seit 1996 bei Studio Ghibli arbeitende Yonebyashi auch mit der ehrfurchtgebietenden Welt der Arrietty auseinander: eine Welt voller Verlockungen, aber auch voller Gefahren. Eine Welt, die scheinbar keinen Platz für Arietty und ihre Artgenossen hat. Und so wandelt auch der neuste Ghibli-Film auf vertrauten Pfaden: Karigurashi no Arrietty kommentiert auf sanfte aber eindrückliche Weise die menschliche Zerstörung der Umwelt. „What chance do they [die Borger] have against the billions of humans with whom they uneasily share the planet?”, fragt sich ein japanischer Filmkritiker. Das Ende des Films zeigt eine mögliche Antwort auf. Bedrückend ist das Bild, das Miyazaki und Yonebayashi hier malen.

Karigurashi no Arrietty, Studio Ghiblis Umsetzung von Mary Nortons Fantasieroman The Borrowers, welcher bereits 1998 mit John Goodman in der Hauptrolle verfilmt wurde, ist des Prädikats ‚Ghibli-Film’ sicherlich würdig. Handwerklich ist der Film über alle Zweifel erhaben. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, Arrietty sei Ghiblis bisher am schönsten gezeichneter Film. Die wildwuchernde Naturkulisse muss ihresgleichen erst einmal finden. Einzig die Musik kann nicht so recht überzeugen. Die Titelmelodie ist zwar wie immer ein Ohrwurm, den man so schnell nicht mehr vergisst, doch die restlichen Kompositionen der bretonischen Sängerin Cécile Corbel bestechen lediglich durch Eintönigkeit.

Es ist beruhigend zu sehen, dass – falls Miyazaki seine immer lauter werdende Drohung tatsächlich wahr werden lässt und bald zurücktritt – Studio Ghibli in Yonebayashi Hiromasa zumindest einen würdigen Nachfolger hätte. Klar, der Regisseur von Karigurashi no Arrietty ist noch weit davon entfernt ein Miyazaki zu sein. Doch ein erster, wichtiger Schritt in die richtige Richtung hat er mit Karigurashi no Arietty sicherlich getan.

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