Der Anfang vom Ende der Magie
von Sarah Stutte
Die Kindheit des Harry Potters ist vorbei und mit ihr bald seine Abenteuer. Regisseur David Yates gibt dem Helden Zeit, sich gebührend von der Bildfläche zu verabschieden. “Harry Potter and the Deathly Hallows: Part 1” ist deshalb sicherlich eine der stimmigsten Verfilmungen geworden, büsst aber, aufgrund der allzu ruhigen Erzählweise, auch ab und zu Fahrt ein.
Die finale Jagd auf Harry Potter (Daniel Radcliffe) hat begonnen. Lord Voldemort (Ralph Fiennes) schickt seine Todesser aus, um seinen Erzfeind lebend zu fangen und alsbald umzubringen. Dabei geraten auch unschuldige Muggles zwischen die Fronten der guten und bösen Mächte und werden immer häufiger Zielscheibe gewaltsamer Übergriffe der Voldemort-Truppen. Ohne den Schutz des getöteten Professors Dumbledore und Hogwarts ist der Zauberlehrling nirgends mehr sicher und auf sich allein gestellt. Doch Harry kann natürlich auf die Unterstützung seiner Freunde Hermine (Emma Watson) und Ron (Rupert Grint) zählen. Gemeinsam flüchten sie vor Voldemorts Häschern und machen sich auf die Suche nach den sieben Horkruxen, auf welche Voldemort Teile seiner Seele bannte. Finden sie diese Gegenstände, können sie mit ihnen auch den dunklen Machtinhaber vernichten. Bleiben die Horkruxe verborgen, bleibt der Lord unsterblich. Bei der Suche helfen den Freunden drei Gegenstände aus Dumbledores Nachlass, die ihnen vom neuen Zaubereiminister Rufus Scrimgeour (Bill Nighy) übergeben wurden: Harry bekommt einen goldenen Schnatz, Ron einen Deluminator und Hermine ein Kinderbuch. Mit diesen Hinweisen wird die Spur der verschollenen Horkruxe allmählich klarer…
Ursprünglich sollten beide Teile des Harry Potter–Finales in 3D in die Kinos kommen. Da jedoch nicht genug Zeit blieb, die die Qualität des Umwandlungsverfahrens gesichert hätte, verzichtete Warner Bros. letztendlich auf die Nachbearbeitung von Harry Potter and the Deathly Hallows: Part 1 und bringt nun “nur” die per Juli 2011 angekündigte Fortsetzung dreidimensional auf die Leinwand. Diese Massnahme wird für Warner Bros., angesichts der Gewinnverdoppelung durch die Zweiteilung des letzten Potter-Abenteuers, sicherlich zu verschmerzen sein. Doch obwohl die Spaltung in zwei Filme primär an rein finanzielle Aspekte denken lässt, steckt hier mehr als Abzocke dahinter. Die Vorlage des Abschlussbandes von Joanne K. Rowling ist so umfassend und detailliert, dass eine Aufteilung der Geschichte dieser eigentlich nur zugute kommen kann. Regisseur David Yates hat dadurch viel Zeit, sich auf die Erzählung zu konzentrieren – und die nimmt er sich auch: mit langen Kamerafahrten über Landschaften und Tiefenstudien der Gesichter von Harry, Hermine und Ron. Gepaart mit ordentlich Düsternis, passend zur Endzeitstimmung, unterscheidet sich dieser atmosphärische Stil sehr von seinen filmischen Vorgängern. Yates ist deshalb zwar immer noch nicht “der Potter-Regisseur”, doch immerhin bewegt er sich mit diesem Film näher am Buch als mit seinen zwei eher seichten (und bislang schwächsten) vorangegangenen Teilen der Reihe: Harry Potter and the Order of the Phoenix und Harry Potter and the Half-Blood Prince.
Die langsame Erzählweise in dunkel gehaltenen Bildern schafft zwar eine unheimliche Stimmung, drosselt aber das Tempo und lässt einige Längen entstehen. Besonders dann, wenn Yates sich zum Teil an Details festbeisst, die der Entfaltung von Spannung eher hinderlich sind. Darüber hinaus tauchen verhältnismässig wenig Bösewichte auf, Ralph Fiennes als diabolischer Lord Voldemort hat da noch die meiste Leinwandpräsenz. Auch in Sachen Kreativität hinterlässt Yates einen zwiespältigen Eindruck, denn Harry Potter and the Deathly Hallows: Part 1 erinnert nicht nur an zahlreiche Agentenfilme, sondern mutet mitunter wie eine Lord of the Rings-Ausgabe für ein jugendliches Publikum an. Die Erklärung der titelgebenden Heiligtümer des Todes mittels eines animierten Einschubs ist Yates hingegen gut gelungen. Auch schauspielerisch gibt es wenig zu bemängeln. Emma Watson spielt ihre zwei männlichen Kollegen, wie schon in den Teilen zuvor, locker an die Wand. Die Nebenrollen sind währenddessen einmal mehr mit den hervorragendsten Darstellern besetzt, die England aufzubieten hat. Neu zu sehen sind unter anderem Bill Nighy als Zaubereiminister und Rhys Ifans als Xenophilius Lovegood, der das animierte Märchen erzählt. Einige Fans wird sicher ärgern, dass der quängelnde Hauself Dobby wieder mit von der Partie ist, doch ob man ihn nun mag oder nicht: ihm gehört der emotionalste Moment des Films.
Fazit: Hier präsentiert sich der dunkelste Streifen der bisherigen Filmreihe. Es gibt Tote, Finsternis und Verzweiflung. David Yates ist zwar immer noch kein herausragender Filmregisseur, legt mit dem ersten Teil des Finales aber seine bisher beste Potter-Verfilmung vor. Die Action ist zwar gut eingesetzt, ein bisschen mehr Dramatik hätte dem Film jedoch sicher nicht geschadet. Immerhin lässt Yates langsame Erzählweise auf einen furiosen Showdown im zweiten Teil hoffen und gesteht den zahlreichen Harry Potter Fans wenigstens zu, sich nicht ruckartig von ihrem Serienhelden verabschieden zu müssen, der die letzten zehn Jahre Teil ihres Lebens war.
[kkratings]
[hr]
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Harry Potter and the Deathly Hallows: Part 1 (2010)
Deutsch: Die Heiligtümer des Todes
Land: Grossbritannien, USA
Regie: David Yates
Drehbuch: Steve Kloves, J.K. Rowling (Buch)
Schauspieler: Emma Watson, Helena Bonham Carter, Ralph Fiennes, Daniel Radcliffe, Alan Rickman, Tom Felton, Bonnie Wright, Jamie Campbell Bower, Michael Gambon, u.a.
Kamera: Eduardo Serra
Musik: Alexandre Desplat
Laufzeit: 146 Minuten
Kinostart CH: 18.11.2010
Verleih: Warner Bros. Pictures. All Rights Reserved
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©Warner Bros. Pictures. All Rights Reserved
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