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Black Swan (2010)

19/01/2011 By Severin Auer 1 Comment

Black Swan
Land: USA
Regie: Darren Aronofsky
Drehbuch: Mark Heyman, Andres Heinz, John J. McLaughlin
Darsteller: Natalie Portman, Mila Kunis, Vincent Cassel, Barbara Hershey, Winona Ryder, Benjamin Millepied, Ksenia Solo, u.a.
Kamera: Matthew Libatique
Schnitt: Kristina Boden, Andrew Weisblum
Musik: Clint Mansell
Laufzeit: 108 Minuten
Kinostart: 20.01.2011
Verleih: 20th Century Fox Film Corporation. All Rights Reserved
Weitere Infos bei IMDB

Perfect Black oder ein Traum(a) in Schwarzweiss

von Severin Auer

Darren Aronofsky lässt das Ballett-Märchen Schwanensee in einem psychologischen Thriller halluzinatorische Wirklichkeit werden. Getrieben von Angst, Lust und Unterdrückung verliert sich die Protagonistin Nina Sayers in einem Konkurrenzkampf mit sich selbst. Der Drang nach Perfektion und dem Ausbruch in die Adoleszenz entpuppt sich als subjektives Vexierspiel, das mit herausragender Kameraarbeit eingefangen wird und Natalie Portman in ihrer bisher anspruchsvollsten und intimsten Rolle zeigt.

In The Wrestler (2009) verkörperte Mickey Rourke den abgehalfterten Wrestler„Ram Jam“, der im Leben neben dem Ring-Kampf keine Zuneigung erfährt und darum ins Rampenlicht zu seinen Fans zurückkehrt. Für Black Swan verkehrt Darren Aronofsky die Vorzeichen und schickt Natalie Portman als hart arbeitende und aufopfernde Ballett-Tänzerin Nina Sayers auf die Theaterbühne, die noch am Anfang ihrer Karriere steht. In einer neuen Inszenierung von Schwanensee kann sie auf Kosten der bisherigen Primaballerina Beth Macintyre (Wynona Rider) der neue Star werden. Gerade die Verkörperung des weissen Schwans bereitet Nina bei den Proben keine Mühe. Ihre ängstliche und zerbrechliche Persönlichkeit harmoniert mit ihren filigranen Bewegungen und ihrem unbändigen Willen zur Perfektion. Mühe bereitet ihr hingegen die Darstellung des schwarzen Schwans. Choreograph Thomas Leroy (Vincent Cassel) vermisst die Sinnlichkeit, die erotische und verruchte Ausstrahlung, und geht nicht uneigennützig auf Tuchfühlung, um das Mädchen aus der Reserve zu locken. Völlig unverkrampft und unverklemmt geht hingegen Ninas Konkurrentin zu Werke. Lily (Mila Kunis) geniesst das Leben, ist unpünktlich, raucht und amüsiert sich mit Jungs. Nina ist fasziniert – doch bald reift in ihr die Vorstellung, dass ihr dieses mysteriöse Mädchen die Rolle ihres Lebens streitig machen könnte…

Regisseur Darren Aronofsky hievt das Märchen, das dem berühmten Ballett Schwanensee zu Grunde liegt, von der Bühne und überträgt es in einer dramatisch zugespitzten Version in die Gedankenwelt von Nina, deren ängstliches Gemüt ein fruchtbarer Boden für eine Psychose ist. Der Zuschauer wird, ähnlich wie bei The Wrestler, durch die grossartige Arbeit mit Handkameras nahe an die Protagonistin heran geführt. Selbst auf der Bühne tanzt die Kamera mit, ist Ninas ständiger Begleiter und trägt entscheidend zur intimen Beziehung bei, in die der Zuschauer sich mit der Protagonistin verwickelt sieht. Diese verringerte Distanz trägt nicht nur zur Illustration des stark subjektiven, verklärten Blicks Ninas auf ihr Umfeld bei, sondern ist auch klaustrophobischer Ausdruck eines noch in der Kindheit eingesperrten Mädchens, dessen Weiblichkeit allmählich auszubrechen droht. Zwischen den Ballettstunden steht sie ganz unter den Fittichen ihrer Mutter Erica (Barbara Hershey), ihrerseits gescheiterte Ballett-Tänzerin, die ihrer Tochter vorhält, ihren Traum für den Kinderwunsch aufgegeben zu haben. Streng, aber fürsorglich treibt sie seither die Karriere ihrer Tochter voran, lässt sie kaum aus den Augen und gewährt ihr wenig Freiraum. Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter nimmt im weiteren Verlauf leicht bizarre Züge an. Aronofsky vertieft einige diskussionswürdige Punkte, die einen sexuellen Missbrauch vermuten lassen, aber auch als Abnabelung und Schritt in die Adoleszenz interpretiert werden könnten, nicht weiter und belässt es bei vagen Andeutungen, was seinem Duktus widerspricht.

Aronofsky erzählt mit Black Swan ein Coming-of-Age Drama, versteckt dieses aber nicht nur unter dem metaphorischen Deckmantel des Ballett-Märchens und des Psycho-Thrillers, sondern benutzt auch Elemente des Horrorfilms. Entlehnungen sind unter anderem bei David Cronenbergs Körperkino (The Fly 1986) und bei Roman Polanskis Repulsion (1965) zu suchen. Entsprechend schreckt Aronofsky nicht davor zurück präzise Schockeffekte einzubauen, blutige Hände und zusammenklebende Zehen zu zeigen, und Wahnvorstellungen auf die Ebene der Realität durchdringen zu lassen. Auch wenn Black Swan darüber hinaus stellenweise Ähnlichkeiten mit Michael Powells und Emeric Pressburgers Klassiker The Red Shoes (1948) aufweist, sieht Aronofsky jenen Film, den er selbst als Meisterwerk bezeichnet, nicht als Inspirationsquelle.

Klar ist, dass man im Verlauf seines Schaffens viele Informationen aufnimmt und diese irgendwann neu zusammensetzt, dennoch ist es erstaunlich, dass Aronofsky eine seiner offensichtlichsten Antriebsfedern stets unerwähnt lässt und nur bei direktem Hinweisen Ähnlichkeiten bejaht – aber nicht als Beeinflussung verstanden haben will. Für Requiem for a Dream (2000) hatte er sich die Rechte am Anime Perfect Blue (1998) vom kürzlich verstorbenen Satoshi Kon (Tokyo Godfathers, Paprika) gesichert, damit er zwei Szenen seines eigenen Filmes in den gleichen Einstellungen nachdrehen durfte. Dieser Schritt bezeugt nicht nur eine grosse Faszination für den Japaner, er lässt den Kenner der Vorlage auch fragend zurück: Warum erwähnt Aronofsky bei Black Swan Satoshi Kon selber generell nicht, oder mehr noch – warum wird Satoshi Kon als Inspiration gar verneint? Zugegeben, Black Swan ist kein Realfilm-Remake des Animes, denn trotz der Ausgangslage eines Psycho-Thrillers mit Doppelgänger-Motiv, der bedrohten Karriere und der Vermischung von Realität und Fiktion durch den Hauptcharakter, variiert die Hinführung. Kommt hinzu, dass auch das Finale ein anderes ist. Dennoch verweisen mindestens drei Dinge direkt auf Perfect Blue. Der erste Hinweis liegt in Ninas Streben nach Perfektion, worauf kurioserweise auch das letzte Wort des Filmes deutet: „..perfect!“. Der zweite Hinweis ist in Ninas Namen zu finden, der sich vom Namen „Mima“ des Anime-Charakters nur durch eine deutliche Aussprache unterscheidet. Der dritte Hinweis ist ein direktes inszenatorisches Zitat, das sich in den gemalten Portrait-Bildern im Arbeitszimmer von Ninas Mutter, die gleichzeitig zu sprechen beginnen, wiederfindet (auch wenn der Kontext nicht ganz derselbe ist). (Screenshots aus Perfect Blue gibt es bei animationsfilme.ch).

Die Schauspielleistung von Natalie Portman ist schlicht herausragend. Viel Bewunderung muss ihr nicht nur für das feine Mienenspiel zugestanden werden, sondern auch für ihre Darbietung als Ballett-Tänzerin. Selbst Personen vom Fach werden Portmans beeindruckende Leistung anerkennen, hat sie doch fast ein ganzes Jahr hart trainiert. Als Laie findet man Fehler nicht einmal im Detail und reibt sich verzückt die Augen, wenn sich die verschwommene, tanzende Figur im Spiegel tatsächlich als Natalie Portman zu erkennen gibt. Auch wenn man hier wohl kräftig mit Computereffekten nachgeholfen hat gilt: Täuschend echt. Die Rolle der Nina ist in vielerlei Hinsicht eine körperliche Herausforderung und forderte wohl das Überwinden so mancher persönlicher Hemmschwellen. Zerschundene Füsse sind nur die Spitze des Eisbergs, wenn man die höchst intime Masturbations- und die gleichgeschlechtliche Sexszene herbeizieht, bei der Kamera und Zuschauer nahe heranrücken. Und so zeigt Portman als Schauspielerin, ganz ihrer Rolle im Film folgend, dass sie nicht nur den weissen, sondern auch den schwarzen Schwan in einer komplexen Kombination spielen kann. Die Protagonistin Nina wird von Versagensangst und Konkurrenzkampf getrieben, nährt damit ein Negativ ihrer selbst. Keine Doppelgängerin, vielmehr eine Schattentänzerin einer unterdrückten Neuorientierung, die nun zum Vorschein kommt. Eine subjektive Projektion ihrer Gedankenwelt, die scheinbar Realität wird, traumatische Ausmasse mit somatischer Auswirkung annimmt und sie an den Rand des Wahnsinns treibt. Eine Meisterleistung von Aronofsky, Portman und – nicht zu vergessen – auch Mila Kunis und Komponist Clint Mansell, der Tschaikowskys Musik in Versatzstücken spannend neu interpretiert.

Black Swan ist ein grossartiger Ballett-Film und Psychothriller mit Horrorelementen, der unter die Haut geht. Intensiv, packend, erotisch und verstörend. Ein Märchen in halluzinatorische Wirklichkeit gegossen und metaphorische Psychologie-Studie zugleich – ein Traum(a) in Schwarzweiss.



©20th Century Fox Film Corporation. All Rights Reserved








©20th Century Fox Film Corporation. All Rights Reserved

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Filed Under: Kino, Rezensionen Tagged With: Black Swan (2010), Darren Aronofsky, Mila Kunis, Natalie Portman, Vincent Cassel, Winona Ryder

Trackbacks

  1. » Perfect Blue und Black Swan Animationsfilme says:
    02/12/2011 at 01:51

    […] Am 20. Januar 2011 startet Darren Aronofskys neuer Film Black Swan in den Kinos. In der Anime-Gemeinde gab es seit dem US-Start öfters Hinweise darauf, dass der Regisseur seine Inspiration besonders aus Satoshi Kons Perfect Blue bezogen haben soll. Dabei entsteht der Ärger weniger durch diese Hommage, sondern vielmehr darüber, dass Aronofsky dies, trotz deutlicher Hinweise, nicht so verstanden haben will. Folgend zitieren wir aus der aktuellen Rezension zu Black Swan von Groarr.ch – Filmmagazin: […]

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