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Top 2010: Von Menschen, Monstern und Macheten

13/01/2011 By Groarr Leave a Comment

von Sarah Stutte

Da ich mich überhaupt nicht entscheiden konnte, welche von den 1’289 Filmen, die ich in diesem Jahr gut fand, in meiner ultimativen Top Ten aufgelistet werden sollen, habe ich mich für ein Zwischending entschieden: Nach einer ziemlich eindeutigen Top Three (wenigstens da ging die Auslese schnell und schmerzlos vonstatten), verteilte ich meine weiteren Lieblingsfilme jeweils auf ihre unterschiedlichen Genres. Wählen kann man, wen man heiratet. Filme soll man schauen gehen. Amen.

Die_Fremde_01m1. Die Fremde

Ergreifend. Erschütternd. Eindringlich. Kein Film hat mich in diesem Jahr mehr berührt als die Geschichte der jungen Deutschtürkin Umay (Sibel Kekilli), die aus ihrer unglücklichen Ehe in der Türkei ausbricht und mit ihrem kleinen Sohn Cem (Nizam Schiller) zu ihrer Familie nach Berlin flieht. Diese ist jedoch in ihrem traditionellen Wertesystem gefangen, dessen Regeln sich Umay mit ihrem Anspruch auf Selbstbestimmung und Freiheit widersetzt. Als Drehbuchautorin, Regisseurin und Produzentin inszenierte Feo Aladag ihr herausragendes Drama über Ehrenmord äusserst feinfühlig und bringt dabei Verständnis für beide Parteien auf. Schonungslos visualisiert sie die pure Verzweiflung der Protagonistin angesichts ihrer Ausweglosigkeit. Sibel Kekilli ist für mich die zurzeit beste Charakterdarstellerin, die Europa vorzuweisen hat. Mit einer atemberaubenden Präsenz und Wucht reisst sie den Zuschauer in einen Sog der Emotionen. Glaubwürdig und überzeugend ist aber auch die Leistung der übrigen Darsteller, von denen einige bis zu diesem Engagement noch gar keine schauspielerische Erfahrung vorweisen konnten. Völlig zu Recht findet sich Die Fremde auf der Oscar-Longlist 2011 wieder und geht hoffentlich für die Auszeichnung als bester ausländischer Film ins Rennen.

 

Inception_01m2. Inception

Nein, Avatar halte ich nicht für den visuell beeindruckensten Film des Jahres 2010. Diese Ehre gebührt dem spektakulären Werk von Chris Nolan, das mich ganz ohne 3D mit atemberaubenden, nie zuvor gesehenen Bildern in seinen Bann zog. Bekam man vom Dauerblick auf Camerons blaue Männchen nach zwei Stunden Kopfschmerzen, zermarterte man sich bei Nolans Streifen aufgrund der verschachtelten, intelligenten Story das Hirn. Ich muss zugeben, ich bin voreingenommen. Nolan wird – schon alleine deshalb, weil er mein heissgeliebtes Batman-Franchise nicht nur wieder filmtauglich machte, sondern ihm darüber hinaus einen völlig neuen Anstrich gab – auf ewig einer meiner Lieblingsregisseure sein. Doch auch wenn ich Marvel gleich gut fände wie DC oder, noch schlimmer, gar nichts mit Comics am Hut hätte, ich würde Inception einmalig finden. Niemand anderes hätte diesen Film machen können. Genial und grossartig.

 

EnterTheVoid_01m3. Enter the Void

Gaspar Noés filmisches Monstrum setzt mit einer Länge von 154 Minuten Sitzfleisch voraus, kommt nach etlichen Festivalaufführungen im Januar endlich auf DVD heraus und ist aufgrund seiner expliziten Sexdarstellungen gleichermassen verstörend wie eigenartig anziehend. Durch die Gefühle und Gedanken des drogensüchtigen Hauptdarstellers nimmt man die Geschichte aktiv wahr, als dieser stirbt, durch seine Augen sieht man aus schwebender Perspektive die Welt von aussen. Dabei wird der Zuschauer von optischen Reizen überflutet, nicht nur durch die flackernde und blinkende Lichtermetropole Tokio, sondern auch mittels verschiedenen Computer-Animationen, die Noé auf sein Publikum loslässt. Enter the Void ist ein psychedelischer Rausch, der den filmischen Drogentrip körperlich spürbar macht und den Zuschauer an seine Grenzen führt. Ein unvergleichlicher, unbequemer Film, der keiner konventionellen Logik oder Handlungsstruktur folgt, aber ein visuell einzigartiges Erlebnis ist.

Bilder: ©Stamm Film / Warner Bros. Pictures. All Rights Reserved / Frenetic Films

 

LegendOfTheGuardians_01mAnimationsfilm: Toy Story 3/Tangled/Legend of the Guardians/Fantastic Mr. Fox

2010 war das Jahr der monstermässig guten Animationsfilme. Pixar- und Disney Kreativchef John Lasseter holte zum ultimativen Doppelschlag aus und bescherte uns nicht nur den wunderschönen und gelungenen Abschluss von Pixars Toy Story, sondern zauberte mit seinem Animationsteam zudem die witzige und temporeiche Disney-Interpretation des Grimmschen Klassikers Rapunzel auf die Leinwand. An ein bis zwei Altersklassen höher richtete Watchmen-Regisseur Zack Snyder seine spektakulär animierte Eulensaga Legend of the Guardians. Ungeachtet der düsteren Kriegsthematik wurde der Film von der Produktionsfirma aber dummerweise für ein jüngeres Publikum freigegeben – und von diesem prompt links liegen gelassen, wusste es doch nichts damit anzufangen. Diese ungerechtfertigte Abstrafung ist eine bittere Pille für einen Film, der dem Zuschauer mit wahrlich grandiosen Flug-, Wasser- und Feuerszenen schier die Sprache verschlägt und im Bereich der 3D-Computeranimation als revolutionär anzusehen ist. In dieser geballten fotorealistischen Animationsrunde wirkt Fantastic Mr. Fox, Wes Andersons Stop-Motion-Verfilmung eines Kinderbuchklassikers von Roald Dahl, richtig antiquiert. Doch die verspielte Retro-Optik glänzte nicht nur durch die handgearbeiteten Figuren und die detaillierte Fabelwelt, sie begeisterte auch durch die schrägen Charaktere, den wunderbar schwarzen Humor und die intelligenten, philosophisch angehauchten Dialoge: Das ist Animationskino für Fortgeschrittene.

Bilder: © Warner Bros. Picturs. All Rights Reserved

 

Thriller: The Road/Shutter Island/Buried

Nichts für schwache Nerven sind meine Favoriten der Suspense-Kategorie. Besonders für The Road benötigte man ein wirklich dickes Fell. John Hillcoats Endzeitdrama nimmt uns in schnörkellosen, blassen Bildern mit in eine sterbende Welt, lässt uns hautnah an menschlicher Verzweiflung teilhaben und führt uns schonungslos den Tod vor Augen. Im direkten Vergleich mit dem zweiten postapokalyptischen Werk dieses Jahres, dem actionbetonten und religiös aufgeladenen The Book of Eli, ist Hillcoats Verfilmung des preisgekrönten Cormac McCarthy Romans im Grossen und Ganzen zwar ruhiger inszeniert, dafür umso pessimistischer und verstörender. Von einem tollen Hauptdarsteller getragen, ist The Road ein harter Schlag in die Magengrube, der trotz schmerzenden Bildern nie seinen humanitären Grundtenor verliert. Auch Regielegende Martin Scorcese verfilmte mit Shutter Island das Buch eines mehrfach ausgezeichneten Schriftstellers: Schon zu den filmischen Meisterstücken Mystic River und Gone Baby Gone lieferte Denis Lehane die bravourösen Vorlagen. Scorcese inszeniert hier brillant, zieht die Spannungsschraube mit zahlreichen Plot-Twists bis zum spektakulären Finale stetig an. Wie immer an Scorceses Seite: Sein Lieblingsdarsteller Leonardo DiCaprio, der sich als Teddy Daniels zunehmend im Wahnsinn verliert, mit seiner exzellenten Darbietung zur Bestform aufläuft und zusammen mit seiner Leistung in Inception sicherlich zu den besten Schauspielern 2010 zählt. Wann bekommt der Mann endlich den verdienten Oscar? Auch Ryan Reynolds lieferte letztes Jahr eine auszeichnungswürdige Perfomance und konnte mit der tollen One-Man-Show in Buried sein bisher eher seichtes Image – zahlreichen Liebesschnulzen zu verdanken – ordentlich aufpolieren. Kleinere Logikfehler hin oder her (wie etwa die Schlange im Sarg), der spanische Thriller ist derb spannend, weil Regisseur Rodrigo Cortes es schaffte, den filmischen Raum und die Lichtverhältnisse auf ein Minimum zu reduzieren. Als Zuschauer hört und sieht man 90 Minuten lang nur, was auch der Hauptdarsteller mitbekommt. Wer noch nicht klaustrophobisch ist, wird es nach diesem Film sicherlich sein, denn die darin erzeugte Beklemmung ist beängstigend real und der Schluss ein Paukenschlag.

TheRoad_01m ShutterIsland_01m Buried_01m

© Ascot Elite / Universal Pictures International Switzerland / Ascot Elite

 

Drama: A Single Man/El Secreto de sus ojos

Eindringlich und echt verkörpert Colin Firth den schwulen Literaturprofessor George Falconer anno 1962, der vor einiger Zeit seinen Lebenspartner verlor und an diesem versteckt gehaltenen Verlust zu zerbrechen droht. Die Emotionalität, die sich hinter der einsamen Trauerbewältigung und in der isolierten Lebensart des Mannes verbirgt, lässt uns dieses Schicksal in seiner ganzen Tragweite begreifen. Gehüllt in atmosphärisch-elegante Bilder von beeindruckender Schönheit, erscheint Tom Fords Regiedebüt wie ein einziger stiller Moment, berührend und für die Ewigkeit. In ähnlicher Weise setzt sich Regisseur Juan José Campanella in seinem Film, der 2009 mit dem Auslandsoscar ausgezeichnet wurde, mit seelischen Abgründen auseinander und zeigt Menschen, denen das Leben begegnet. Zeigt, was es aus ihnen macht, wenn sie sich ihm stellen oder wenn sie es nicht tun. Dabei verwebt das argentinische Drama meisterhaft und auf verschiedenen Zeitebenen Thriller und Liebesgeschichte, denn die Suche nach einem Serienkiller ist untrennbar verknüpft mit der unausgesprochenen Zuneigung zweier Ermittlungsbeamter zueinander. Das famose Drehbuch und die fabelhafte Inszenierung dieser Geschichte um Schuld, Sühne und verborgene Obsession offenbart dem Zuschauer eine schmerzliche Wahrheit: Kein Mensch kann sich seiner Leidenschaft entziehen; jeder muss mit den Konsequenzen leben oder an ihnen zerbrechen. El Secreto de sus ojos ist ein Film, der nachdenklich stimmt, aber trotz allem Trost spendet. Es bleibt die Hoffnung, dass man die richtigen Entscheidungen im Leben trifft – oder dass es nie zu spät ist, sie nachträglich zu treffen.

ASingleMan_01m SecretoDeSusOjos_01m

© Ascot Elite / Xenix Film

 

Horrorfilm: The Crazies/Mum&Dad/Antichrist/Orphan

Meine Lieblingsabteilung! Aus dieser Sparte habe ich – nicht nur in den vergangenen zwölf Monaten – die meisten Filme gesehen. Gerade 2010 brachte die blutrünstige Sektion meiner Meinung nach mehr als einen guten Tropfen hervor: Sie zeigte sich so vielseitig wie nie zuvor. So bewies Breck Eisner mit seiner Neuinterpretation der Vietnamkriegsparabel von Zombie-Papst George A. Romero zum Beispiel, dass Horror gleichzeitig intelligent, unglaublich spannend und atmosphärisch dicht sein kann, obendrein noch mit guten Schauspielern daher zu kommen weiss. Eisner gelang es, dem Zuschauer einen anderen, subtileren Blickwinkel auf die Originalgeschichte zu geben, und schuf damit einen völlig neuen Film. The Crazies ist für mich ein kleines Meisterwerk des Genres; nicht nur aufgrund seines erschreckend realen Bezugs. Ein Hammer, der dem Zuschauer permanent auf den Schädel haut und im Ohr dröhnt. Auf Horror-Geschichten, die mit ihrer unverhohlenen Sozialkritik der Wirklichkeit genauso entnommen sein könnten, haben sich in den letzten Jahren vor allem die Engländer spezialisiert (man denke an The Children, Hush, Eden Lake). Auch Mum&Dad steht dieser Entwicklung in nichts nach. Wird zu Beginn eine harmlose Alltagssituation in der Londoner Arbeiterklasse gezeigt, stellt sich für den Zuschauer und die Protagonistin bald heraus, dass die freundliche Putzkollegin mitsamt ihrer Familie ein blutüberströmter Haufen kranker Sadisten ist. Saw und Hostel muten da, angesichts der Praktiken und dem täglichen Wahnsinn dieser wiedergeborenen Manson-Sippe, wie Kindergeburtstage an. Leicht verdaulich ist dieser Low-Budget Film nicht – dann vor allem, wenn man ihn wie ich an Weihnachten schaut oder vielleicht gerade Erziehungsratgeber als Bettlektüre bevorzugt. Lars von Triers Antichrist ist ebenfalls ein Werk, über das noch gesprochen wird, lange nachdem die Lichter im Kino wieder angegangen sind oder der DVD-Player daheim ausgeschaltet wurde. Ein bildgewaltiges Panoptikum menschlicher und religiöser Abgründe. Das Tagebuch einer Depression, welches gleichzeitig den blutigen Kampf der Geschlechter zelebriert und im Scheitern dieser Beziehung, prätentiös inszeniert oder nicht, einen tiefen Eindruck hinterlässt. Ein solch einzigartiges, intensives Horrorerlebnis hatte ich mir bei Orphan wahrlich nicht ausgerechnet. Denn das Evil-Child Genre wurde, nach meinem Lieblingsklassiker The Omen (im Original versteht sich), nur noch sporadisch durch Highlights wie den oben erwähnten The Children wiederbelebt. Isabelle Fuhrman ist als Esther, vor allem im Zusammenspiel mit Vera Farmiga, eine wahrlich teuflische Wucht, und selbst die Auflösung des Films fügt der Metzelkinder-Galerie endlich mal wieder etwas Neues bei.

TheCrazies_01m MumAndDad_01m
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© Ascot Elite / KSM GmbH / Ascot Elite / Kinowelt GmbH

 

Komödie: Der letzte schöne Herbsttag/Männer, die auf Ziegen starren

Ich persönlich finde, dass gewisse Horrorstreifen mitunter die besten Komödien sind, weshalb ich mich letztes Jahr natürlich wieder vor allem über Genrefilme wie Sorority Row oder Piranha 3D köstlich amüsierte. Doch auch “normale” Komödien beschäftigten meine Lachmuskeln. So zum Beispiel der clevere deutsche Beziehungsbeitrag von Ralf Westhoff, in dem sich zwei Endzwanziger beeindruckend ehrliche und überaus witzige Sprachduelle liefern. Für den ein oder anderen mag das vielleicht zuviel intellektuelles Gequassel gewesen sein. Für mich aber war das wieder mal ein Stück anspruchsvolle Unterhaltung, das im dumpfen Beziehungskomödienpotpourri aus unterirdischen und omnipräsenten Sandlers und Schweigers wohltuend herausstach. Im März unterhielt mich Grant Heslovs Flower-Power Armee, die den Weltfrieden ohne Gewalt, dafür mit viel mentalem Einsatz wieder herzustellen versucht – und sich dabei an Betonwänden verletzt und arme Ziegen ins Koma starrt. Die überdrehte Satire – die sich niemand ausdenken musste, beruht sie doch auf wahren Begebenheiten – hat trotz allem Klamauk ein Herz für ihre Figuren; Auch wenn sie sie arg Lächerliches tun lässt, jederzeit nimmt sie sie ernst. Jeff Bridges, Ewan McGregor, Kevin Spacey und George Clooney dankten dies dem Regisseur mit begeisterter Spielfreude.

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© Filmcoopi / Ascot Elite

 

Gameverfilmung: Prince of Persia

Obwohl die Bruckheimer Produktion wegen ihrer 109 Millionen Dollar-Misere an den Kinokassen als grösster Flop gilt, ist sie für mich die beste Gameverfilmung des vergangenen Jahres. Gut, nun könnte man fragen, was es denn sonst noch so an Games gab, die 2010 verfilmt wurden – Tekken zum Beispiel. Totalschrott. Dann hätten wir da noch Bloodrayne -The Third Reich von Uwe Boll. Auch keine ernstzunehmende Alternative. Von anderen für 2010 angekündigten Zocker-Movies wie Rainbox Six oder Return to Castle Wolfenstein dagegen, hat man schlicht nichts mehr gehört. Kurz und gut, dank reichlich Budget und gutem, fähigem Personal scheint es keine allzu schwierige Sache gewesen zu sein, mit Prince of Persia was Brauchbares hinzulegen. Kommt hinzu, dass sich der Film deutlich am Spiel orientierte, mit einer tollen 1001 Nacht-Kulisse auffahren konnte und ebensowenig mit spektakulären Effekten geizte. Obwohl Jake Gyllenhaal als körperbetonter Prinz Dastan ein wenig gewöhnungsbedürftig war, sorgte der orientalische Bilderrausch für besten Zeitvertreib. Newell hat als Regisseur vieles richtig gemacht. Warum Game-Nerds und Normalo-Kinogänger trotzdem die Lichtspielhäuser dieser Welt mieden, bleibt wohl auf immer ein Rätsel. Ich jedenfalls freue mich auf Fortsetzungen.

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© Walt Disney Studios Motion Pictures Switzerland

 

Comicverfilmung: Iron Man 2/Kick-Ass/Scott Pilgrim vs. the World

Pure Unterhaltung war in dieser Abteilung gerade zum Jahresende hin angesagt. Im zweiten Teil der Marvelreihe um den Kerl im stählernden Anzug, durfte der schlitzohrige Robert Downey Jr. erneut den schwerreichen Neuweltverbesserer Tony Stark geben und mit flotten Sprüchen das Publikum bespassen. Auch in der Fortsetzung von Iron Man verlor Regisseur Jon Favreau nie den nötigen Blick für die Fans und adaptierte die Comicvorlage abermals mit einem Augenzwinkern. Konsequent nahm er Handlungsstränge aus dem ersten Film wieder auf und entwickelte sie weiter, so zum Beispiel die sich schon früh anbahnende Love-Story zwischen Stark und Pepper oder die allmähliche Verwandlung von Rhodes in War Machine. Des weiteren reift Stark/Iron Man als Figur mit Ecken und Kanten. Neben schön fiesen Gegenspielern (Mickey Rourke, Sam Rockwell), an denen ich mich erfreuen konnte, brachten natürlich auch die zahlreichen Anspielungen aufs Marvel-Universum mein Comic-Herz zum Hüpfen. Nicht nur, dass sich Stan Lee für einen Cameo-Auftritt die Ehre gab, auch Samuel L. Jackson war als Anführer von S.H.I.E.L.D. im Auftrag von The Avengers unterwegs – zum zweiten Mal bereits. Daneben waren auch Captain Americas Schild und Thors Hammer zu sehen, was sehr viel Laune auf die kommenden Comicverfilmungen machte. Frei von DC und Marvel, aber auch jedem anderen grossen Studio, schaffte es Kick-Ass in unsere heimischen Gefilde. Autor Mark Millar (Wanted) schrieb das Drehbuch zusammen mit Regisseur Matthew Vaughn bereits, als der dazugehörige Comic noch in der Mache war. Dieser handelt von einem Teenie, der sich kostümiert, obwohl er keinerlei Superkräfte besitzt, und mithilfe eines zwölfjährigen Martial-Arts Mädels eine blutige Heldenkarriere beginnt. Gewaltverherrlichung!, schrien da welche, weil die Kinder den im Film gezeigten Erwachsenen munter die Gesichter matschig schlugen. Was soll’s, ein Riesengaudi war der Film trotzdem. Der dritte Streifen in dieser Best-Of-Liste ist nicht nur der irrwitzigste, er schlug auch die meisten Wellen. Mit seinem unerwarteten Leinwanderfolg sorgte er dafür, dass die Comicvorlage endlich auch auf Deutsch bei Panini erschien. Obwohl aus gedrucktem Schwarz/Weiss ziemlich viele bunte, bewegte Bilder entstanden, blieb Scott Pilgrim vs. the World mit seinen schrägen Figuren, seinem liebestollen Grundthema, der unwiderstehlichen Mischung aus lässiger Independent-Atmosphäre, Videospiel-Ästhetik, extrem überdrehter Action und jeder Menge postmodernem Humor seiner Vorlage weitestgehend treu. An epic of epic epicness.

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© Universal Pictures International Switzerland

 

Action: Salt/Machete/Sherlock Holmes

Zahlreiche Rohrkrepierer gabs heuer in Sachen Action, doch einige wenige versöhnten uns auch wieder mit dem Genre. Vor allem Angelina Jolie knallte als furchtlose, schlagkräftige und schussfeste CIA-Agentin Salt alle weg und sorgte mit ihrer “Mein Name ist Hase, ich weiss Bescheid”-Nummer für ordentlich Krachpeng-Stimmung. Handlung: ein bisschen. Mit weniger noch als einem story-technischen Hauch von Nichts machte sich Robert Rodriguez mit Machete gewohnt gekonnt ans Werk. Unterhaltung gabs in Form von deftigster Herumsplatterei, mit einem Danny Trejo, der endlich mal eine Hauptrolle spielen durfte, und einer Lindsay Lohan, die gar nicht schauspielern musste, um ihre Bad-Girl Rolle authentisch rüberzubringen. Zudem brachte der Streifen Ideen für neue Funsportarten: Fassadenklettern an Eingeweiden – der ultimative Kick! Auch Guy Ritchie fand den Weg auf meine Bestenliste 2010. Er verfilmte eine bisher unveröffentlichte Graphic Novel (was sonst?) und warf damit das angestaubte, versteifte Image des britischen Vorzeigedetektivs Sherlock Holmes mal eben komplett über den Haufen. Im witzigen Tuchfühlungs-Duett mit Jude Law darf Robert Downey Jr. auch hier locker vom Hocker sein und ordentlich einen an der Klatsche haben. Die flotte Inszenierung zeichnet sich vor allem durch das hohe Schnitttempo und die kreativen Slow-Motion Actionsequenzen aus, die den Vorgang schon mal langsam zeigen, bevor er in Schnelle passiert. Let’s Rock.

 

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© Walt Disney Studios Motion Pictures Switzerland / Warner Bros. Pictures. All Rights Reserved

 

Direct to DVD: Mr. Nobody/Red Riding Trilogie

Schade, dass dieser Film nicht in den hiesigen Kinos lief, denn er ist ein Wahnsinnserlebnis. Mr. Nobody ist eine Mischung aus The Butterfly Effect und The Curious Case of Benjamin Button, elegisch, philosophisch, wahrhaft, existenzialistisch, sinnsuchend und absolut raffiniert. Denn Nemo Nobody, der in einer futuristischen Welt im Sterben liegt, erzählt seine bald 120-jährige Lebensgeschichte in drei verschiedenen Variationen – mit all den unterschiedlichen Möglichkeiten, die sich daraus ergaben oder eben nicht. Bis zum Schluss lässt er dabei offen, welches dieser Leben er tatsächlich gelebt hat. Der puzzleartige Film mit Jared Leto in der Hauptrolle, ist das Flaggschiff aller “Was wäre wenn”-Szenarien. Er stellt die eigenen Entscheidungen in Frage, lässt den Zuschauer sinnierend und gleichzeitig hoffnungsfroh zurück. Der wahnsinnige Aufwand, mit der die vor Einfällen nur so sprühende Inszenierung komponiert wurde, zwingt jeden Betrachter in die Knie. Doch wird man derart in die abwechslungsreiche Handlung hineingezogen, dass die 139 Minuten Laufzeit wie im Fluge vergehen – so, dass man dieser Geschichte gleich nochmals, bestenfalls unendlich lange folgen möchte. Ebenfalls sehenswert: die Red Riding Trilogie. Eine der wenigen Adaptionen, die besser ist als ihre Romanvorlage. Die Filme beruhen auf den Büchern des britischen Autors David Peace, der mit seinen Romanen 1974, 1977, 1980 und 1983 (besser bekannt unter dem Namen Yorkshire-Quartett) ein historisches Porträt der Grafschaft Yorkshire lieferte. Hintergrund des epischen Werkes waren die Morde des sogenannten Yorkshire Rippers Peter William Sutcliffe, von denen Peace schon als Kind fasziniert war. Die Quadrologie war mitunter recht oberflächlich und erinnerte stark an Peaces grosses Vorbild James Ellroy. Die vier Geschichten filmisch auf drei zu reduzieren, war ein Gewinn für das Endprodukt. Als Filme sind die einzelnen Krimi-Handlungen in sich schlüssig und ergeben auch in der Totale ein rundes Ganzes. Denn die Geschichte eines Jungreporters, der die Wahrheit hinter einem Mädchenmord sucht, die Geschichte eines Polizisten, der eine Verschwörung wittert, und die Geschichte eines korrupten Kommissars, der von seiner Vergangenheit eingeholt wird, sind auf subtile Art miteinander verknüpft und lassen uns am Ende in einer vielschichtig-finsteren Welt zurück. Umgesetzt wurden die Geschichten von Julian Jarrold, James Marsh und Anand Tucker in ruhigen, fast schon träumerischen Bildern, die albtraum-gleich einen Sog entwickeln und mit wenigen Aufnahmen und Accessoires ein stimmiges Porträt der Jahre 1974, 1980 und 1983 heraufbeschwören. Die Unaufdringlichkeit der Inszenierung und die famosen Schauspieler lassen dieses intensive Kleinod alle fürs Fernsehen konzipierten Kriminalfälle überstrahlen.

Mr.Nobody_01m RedRiding1_01m

© Concorde Video / Kinowelt GmbH

 

Trash: Monster X gegen den G8-Gipfel

Das beste Merkel-Double der Welt? Naja, nicht ganz. Obwohl Angies Schauspielkunst nicht viel besser sein wird als die der Darstellerin, die in diesem japanischen Monsterfilm die deutsche Kanzlerin mimen darf. Der Dialekt kommt aber ungefähr hin. Die Handlung des schrägen Streifens ist schnell erzählt: Ein riesiges grünes Weltraumhuhn stürzt mittels Kometen auf japanischen Boden, speit Feuerbälle Richtung Zivilbevölkerung und ist auch sonst recht ungehalten. Wie gut, dass in unmittelbarer Nähe gerade die Staatschefs der Welt tagen, um sich mehrere Tage lang gegenseitig ins Koma zu quasseln. Um endlich einmal etwas zu bewirken, beschliessen die Landesoberhäupter, den Kampf gegen das Ungetüm aufzunehmen. Doch die Raketen nimmt Girara (so wird das Monster getauft) nicht so furchtbar ernst und das eingesetzte Lachgas lässt sie fröhlich in den Sonnenuntergang tänzeln. Scheinbar kann nur eine Gottheit namens Take-Majin das Monster besiegen – aber um diese zu beschwören, sind lustige Gruppenrituale von Nöten. Regisseur Minoru Kawasaki ist mit seinem Film eine liebevolle Hommage an Japans traditionelle Monsterkultur der 50er und 60er (erinnern wir uns an Godzilla, Gamera, Mothra, Dai Majin etc.) gelungen, denn Girara tauchte, genauso wie die Figur des Take-Majin, schon in den alten Trashschinken auf. Für Monster X gegen den G8-Gipfel liess Kawasaki sogar das Originalkostüm des Riesenhuhns aus dem 1967er Movie nachbauen. Darüber hinaus ist der Film auch wegen seiner herrlich bösartigen Political incorrectness eine wahre Wonne. Ich sach nur: Wenn Japaner von Atombomben reden, sollte man immer hellhörig werden. Der Audiokommentar von Monsterfilmexperte Jörg Buttgereit ist mindestens genauso trashig wie der Streifen selbst. Anarchie pur. Freude herrscht.

MonsterXG8_01m MonsterXG8_02m

© Koch Media GmbH – DVD

 

Da meine Finger nun wund sind und mein Hirn leer ist, unterlasse ich es an dieser Stelle, auch noch zur Dokumentarfilmschiene meinen ausführlichen Senf abzugeben. Empfehlungen gibts in kürzester Kurzform: La Vida Loca und Exit trough the Gift Shop. 2011, ick hör dir trapsen.

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