Die Gefahr sich der eigenen Regierung entgegenzustellen
von Sule Durmazkeser
Regisseur Doug Limans neuestes Werk «Fair Game» handelt von einem Ehepaar, das zu viel weiss und der US-Regierung ein Dorn im Auge ist. Trotz einer gehörigen Portion Pathos und der hollywoodüblichen Definition von Gut und Böse erzeugt dieser Polit-Thriller eine kühle und nüchterne Atmosphäre, in der dennoch Platz für Spannung bleibt.
Der Ex-Diplomat Joe Wilson (Sean Penn) wird vom US-Aussenministerium nach Niger geschickt, um Beweise zu finden, dass der westafrikanische Staat in den Uranhandel mit dem Irak verwickelt ist. Auf diese Weise will man zeigen, dass Saddam Hussein über Massenvernichtungswaffen verfügt, um einen Krieg der USA gegen den Irak zu legitimieren. Obwohl Joe nichts findet, wird der Irakkrieg begonnen. Gleichzeitig versucht die Regierung mit falschen Erklärungen die Öffentlichkeit von der Richtigkeit der Aktion zu überzeugen. Empört über diese Vorgehensweise fühlt sich Joe verpflichtet die Öffentlichkeit aufzuklären. In einer Zeitungskolumne stellt er die Dinge richtig und bezichtigt das Weisse Haus, die Bevölkerung vorsätzlich zu täuschen. Doch er hat nicht mit dem Rachefeldzug der politischen Elite gerechnet, der seine Familie mit voller Wucht trifft. Die Identität seiner Ehefrau, der CIA-Agentin Valerie Plame Wilson (Naomi Watts), wird der Öffentlichkeit preisgegeben, wodurch ihre 18-jährige Karriere mit einem Schlag beendet ist. Als Lügner und Vaterlandsverräter abgestempelt, beginnt eine mediale Hetzjagd gegen das Ehepaar. Beschimpfungen und Bedrohungen bestimmen fortan ihr Leben. Sie versuchen schliesslich beide auf ihre eigene Weise mit der Situation fertig zu werden: Während Joe sich den Medien präsentiert und die Vorgehensweise der US-Regierung an den Pranger stellt, zieht sich seine Frau immer weiter zurück. So wird durch die erschwerten Lebensbedingungen nicht nur ihre Karriere zerstört, zugleich wird auch ihre Beziehung auf die Probe gestellt.
Basierend auf den autobiografischen Büchern des Ehepaares Wilson, zeichnet Fair Game die Ereignisse nach, die in den Jahren nach dem 11. September 2001 ihren Lauf nahmen. Die Verwendung einer Handkamera und die mehrheitlichen Halbnah- und Nahaufnahmen erzeugen einen dokumentarischen Stil und lassen die Zuschauer unmittelbar an den gezeigten Ereignissen teilhaben. Regisseur Doug Liman, der mit Filmen wie The Bourne Identity und Mr. & Mrs. Smith sein Talent für actiongeladenes Unterhaltungskino unter Beweis stellte, verzichtet in seinem aktuellen Werk auf knallharte Kampf- und Verfolgungsszenen. Dieser Verzicht wirkt sich positiv auf den Film aus, da die Geschichte so nicht in den Hintergrund gedrängt wird. Stattdessen gewinnt Fair Game gerade durch die Aktualität und Realitätsnähe des Erzählten an Spannung. Die realistische Atmosphäre wird untermalt durch den Einsatz von Originalmaterial aus den Medien. Ansprachen, gehalten von Präsident Bush oder seinem Stab über die Lage im Irak, werden in die Geschichte eingefügt. Unmissverständlich wird damit gezeigt, wie sehr der Mensch von den Medien abhängig ist. Sowohl die Rechtfertigung für den Irakkrieg als auch die auf die Wilsons angesetzte Hetzjagd zeigen, wie einfach und effektiv die Meinung der Menschen durch die Medien manipuliert werden kann. Deutlich wird das vor allem, wenn Joe und Valerie Freunde und Bekannte treffen. Als Insider ist ihr Wissen um die politische Lage immer grösser als dasjenige ihres Umfelds, das die Fakten nur aus den Medien kennt und Joe mit seinen Bemerkungen regelmässig zur Weissglut treibt. Wie es für Hollywood üblich ist, verzichtet Fair Game aber auf eine tiefergehende, kritische Hinterfragung der amerikanischen Aussenpolitik und konzentriert sich lieber darauf, die Ereignisse im Leben der Wilsons zu rekonstruieren. Der chronologische Erzählfluss, der durch das Einblenden von Datum und Landesnamen unterstützt wird, erlaubt es den Zuschauern, den Überblick über die verschiedenen Geschehnisse zu behalten.
Doch es sind nicht nur die politischen Ereignisse, die der Film aufzeigen will, sondern auch die Entwicklung, die die Ehe von Joe und Valerie durchmacht. Das gerade gelingt Doug Liman aber nur ansatzweise. Obwohl die Charaktere auf echten Menschen basieren, bleiben sie ohne Tiefgang; ihr Innenleben ist für die Zuschauer oftmals nicht zugänglich. Das ist besonders bei Valerie der Fall, die sich im Laufe des Films nicht nur von ihrem Mann entfernt, sondern sich auch der Interpretation der Zuschauer entzieht. Diese Verschlossenheit macht ihre Entscheidungen schwer nachvollziehbar. Vor allem die Beweggründe ihren Mann zu verlassen und später zu ihm zurückzukehren werden nur vage angedeutet. So scheint es, dass Doug Liman den politischen Ereignissen grösseren Wert beimisst als der Beziehung der Wilsons. Die abrupte Versöhnung des Ehepaares gegen Filmende ausgenommen, stört das Ungleichgewicht, das dadurch entsteht, aber nicht weiter.
Abgesehen vom etwas holprigen Ende, das die durchaus komplexe Thematik möglichst einfach und schnell aufzulösen versucht, ist Fair Game ein sehenswerter Thriller, der gänzlich ohne Actionsequenzen auskommt und dennoch – bedingt durch die Aktualität der Ereignisse der jüngeren amerikanischen Geschichte – Spannung erzeugt.
[kkratings]
[hr]
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Fair Game (2010)
Originaltitel: –
Land: USA
Regie: Doug Liman
Drehbuch: Jez Butterworth, John-Henry Butterworth, Joseph Wilson (Buch), Valerie Plame (Buch)
Schauspieler: Naomi Watts, Sean Penn, Satya Bhabha, Bruce McGill, Sam Shepard, Ty Burrell, Michael Kelly, Brooke Smith, David Denman, u.a.
Musik: John Powell
Laufzeit: 104 Minuten
DVD-Start CH: 21.04.2011
Verleih: Ascot Elite Home Entertainment
Weitere Infos bei IMDB[/box]
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© Ascot Elite Home Entertainment
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