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Attenberg (2010)

03/06/2011 By (dap) Leave a Comment

Erwachsenwerden im kriselnden Griechenland

von Daniel Paredes

Athina Rachel Tsangaris zweiter Film Attenberg sorgte schon auf mehreren Festivals für Aufsehen und wurde nun beim „Bildrausch Filmfest Basel“ als Eröffnungsfilm gezeigt. Das Coming-of-Age-Drama zählt zu den Aushängeschildern des aktuellen, jungen griechischen Autorenkinos und reflektiert gekonnt die momentane Krisensituation des Landes. Darüber hinaus besticht der Film durch seinen amüsant-bizarren Humor, die Lust zur Improvisation und seine thematische Vielfalt.

„Attenberg“, so spricht Bella den Namen des grossen BBC-Tierfilmers Sir David Attenborough aus. Die weiblichen Hauptfiguren Marina und Bella lieben die Tierdokumentationen des Engländers. Ähnlich geht es auch Regisseurin Athina Rachel Tsangari, die mit den präzisen, liebevollen Beobachtungen exotischer Tiere Attenboroughs aufgewachsen ist und ihn als wichtige Inspiration für ihr Filmschaffen nennt. Entsprechend ist nicht nur der Titel ihres Films eine Verneigung vor ihrem Idol, vielmehr verdankt sie auch ihre Arbeitsweise – insbesondere die genaue Beobachtung ihrer Figuren – Attenborough, auch wenn es sich bei Attenberg – zumindest auf den ersten Blick –, nicht um eine Tierdokumentation handelt, sondern um eine Coming-of-Age Geschichte mit Zügen eines Sozialdramas. Aber eben nur auf den ersten Blick, nimmt die Kamera doch ständig eine beobachtende Funktion ein, zeigt sie die Protagonisten in Momenten, in denen sie sich langweilen, Selbstgespräche führen oder sich geradezu exzentrisch aufführen. Mit den statischen Einstellungen, dem Verzicht auf Filmmusik und den Improvisationskünsten der Darsteller, die teilweise Laien sind, gelingt es Tsangari einen filmischen Realismus herzustellen, der dem Zuschauer eine Art Zoo-Perspektive vermittelt. Auf die Spitze getrieben wird dies durch das wortwörtliche Nachäffen der Tiere aus den Dokumentationen. Wenn Marina und ihr todkranker Vater wie zwei Gorillas auf dem Bett herumhüpfen, wenn Marina und Bella wiederholt mit Tanzschritten durch die leeren Strassen des Dorfes ziehen und wilde Tiere imitieren, oder wenn Marina alleine auf dem Bett sitzt, den Blick gegen die Decke richtet und merkwürdige Laute von sich gibt. Amüsant einerseits, ist dieses animalische Benehmen andererseits Sinnbild für die Unzufriedenheit dieser Menschen, sei es wegen ihrem inneren Befinden, der Beziehungen zu ihren Mitmenschen oder dem kriselnden Gesellschaftsleben Griechenlands.

Marina (Ariane Labed) ist körperlich zwar längst zur Frau gereift, muss sich ihrer Sexualität aber erst noch bewusst werden. Im Gegensatz zu ihrer erfahrenen Freundin Bella (Evangelia Randou), die ihr gelegentlich – wie in der wundervoll einstimmenden Eröffnungsszene – Unterricht im Küssen erteilt, hat Marina noch keine sexuellen Erfahrungen mit Männern gesammelt, ist aber auch alles andere als daran interessiert. Männer findet sie abstossend. Ihr Vater ist der einzige Mann, der ihr nahe steht, und der einzige, den sie akzeptiert, selbst wenn sie ihn sich schon nackt vorgestellt hat, wie sie ihm gesteht. Spyros (Vangelis Mourikis), ihr Vater, ermutigt seine Tochter währenddessen regelmässig, sich mit jemandem des anderen Geschlechts anzufreunden. Schliesslich ist er schwer erkrankt und wünscht sich für sie, dass sie auch andere Männer in ihr Leben lässt, um nach seinem Tod nicht zu vereinsamen. Tatsächlich lernt Marina schon bald jemanden kennen, der nicht so schleimig ist, wie die Liebhaber Bellas. Den jungen Ingenieur (Giorgos Lanthimos) lernt Marina spontan beim Tischfussball kennen. Bald schon beginnen sich die beiden auch sexuell anzunähern, was zunächst sehr unbeholfen wirkt, fortan aber immer besser gelingt – auch wenn Marina es nicht lassen kann, jede Handlung im Bett zu kommentieren. Während sie die Sexualität langsam für sich entdeckt, wird ihre Freundschaft zu Bella zunehmend ruppiger. Auch die schlechte Gesundheit ihres Vaters macht ihr schwer zu schaffen. So bahnt sich eine grosse Veränderung im Leben der jungen Frau an.

Wie auch andere aktuelle, griechische Werke profitiert Attenberg vom internationalen Erfolgshit Dogtooth von Giorgos Lanthimos, der in diesem Jahr für den Oscar als bester ausländischer Film nominiert war. Der Begriff „New Wave of Greek Cinema“, den selbst die relevanten Filmemacher verwenden, scheint zur Qualitätsmarke für junges, experimentierfreudiges Autorenkino zu werden, das die missliche politische und soziale Lage im eigenen Land künstlerisch reflektiert. Wie schon in der französischen Nouvelle Vague und im Neuen Deutschen Film besteht eine rege Korrespondenz und Freundschaft zwischen den Filmemachern. Das führt so weit, dass man sich bei der Produktion gegenseitig unterstützt und kleine Aufgaben im neuen Werk des Kollegen übernimmt. So treten Tsagari und Lanthimos wechselhaft als Produzent im Werk des jeweils anderen in Erscheinung. Zudem spielt Lanthimos in Attenberg den Ingenieur, der mit Marina eine Liebesbeziehung eingeht.

Auch Attenberg spiegelt die von der Krise geschüttelte Nation quasi in biotopischem Raum als Fallbeispiel – hier in einem niedergekommenen Industrie-Ort an der Küste. Die Loskopplung von der gescheiterten Eltern-Generation wird neben Marinas sexuellen Erwachen zum eigentlichen Thema des dargestellten Übergangsritus. Was diesen Film, der 2012 angeblich für Griechenland ins Oscarrennen gehen soll, jedoch so besonders macht, ist neben dem ernsten Kommentar zur bedenklichen Situation Griechenlands auch seine spielerische, zum Lachen animierende Art und das damit verbundene Kunststück, weit über die gesellschaftliche Spiegelfunktion hinauszugehen. Das hängt sicherlich damit zusammen, dass der Film für Regisseurin Tsagari, die lange im Ausland studiert hat, eine Herzensangelegenheit ist, deutlich gemacht durch die Tatsache, wie viel Autobiografisches in den Film miteinfloss. So liest sich Attenberg auch als Plädoyer für junge, starke Frauen in einem trostlosen Umfeld; als ein Buddy-Movie zwischen Vater und Tochter und nicht zuletzt auch als Dokumentation über uns Menschen, die wir uns manchmal animalischer verhalten, als uns vielleicht bewusst ist.

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Attenberg (2010)
Originaltitel: –
Land: Griechenland
Regie: Athina Rachel Tsangari
Drehbuch: Athina Rachel Tsangari
Schauspieler: Ariane Labed, Giorgos Lanthimos, Vangelis Mourikis, Evangelia Randou
Musik: –
Laufzeit: 93 Minuten
Start CH: –
Verleih:
Weitere Infos bei IMDB[/box]
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© Studio, Verleih




© Studio, Verleih[hr]

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  • Bildrausch Filmfest Basel 2011

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Filed Under: Bildrausch, Kino, Rezensionen Tagged With: Ariane Labed, Athina Rachel Tsangari, Attenberg (2010), Giorgos Lanthimos

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