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El premio (2011)

17/06/2011 By (dap) Leave a Comment

Mein Vater verkauft Vorhänge in Buenos Aires“

von Daniel Paredes

Ein kleines Mädchen muss Ende der 70er Jahre während der Militärdiktatur in Argentinien ein grosses Geheimnis bewahren. «El premio» ist ein wunderschöner Film, der gerade aufgrund seiner Disharmonie harmoniert. Die Kindheit, die keine ist, wird hier zum Mikrokosmos der Bedrohlichkeit und der manipulierenden Vorgehensweise des Militärs, in dem die Verbreitung des Schreckens auch für den Zuschauer spürbar wird.

El Premio von Paula Markovitch erinnert an zwei Filme, die in den letzten Jahren von sich reden machten: El laberinto del fauno (2006) von Guillermo Del Toro und Das weiße Band (2009) von Michael Haneke. Beide Filme erzählen eine Kindergeschichte in der nicht allzu fernen Vergangenheit, zur Zeit eines diktatorischen Regimes. Del Toros Film ist eine eskapistische Geschichte über ein kleines Mädchen, das sich mit seiner grossen Fantasie eine Fabelwelt erdenkt und so dem realen Schrecken des franco-faschistischen Regimes in Spanien Mitte der 1940er Jahre entflieht. Haneke hingegen setzt seine Geschichte noch vor dem Naziregime des zweiten Weltkriegs an: nämlich in einem preussischen-protestantischen Dorf kurz vor Beginn des ersten Weltkriegs, wo mysteriöse Unfälle und Gewalttaten die Gemeinde zunehmend beunruhigen. Der Film wirft einen analytisch genauen Blick auf die streng protestantische Erziehung von Kindern und scheint hierin eine mögliche Ursache für deren Verhalten als Erwachsene im sich ausbreitenden Faschismus zu erkennen. El premio lässt sich neben diesen beiden Filmen einreihen, fällt aber gerade durch seine Unterschiedlichkeit zu ihnen auf, als durch jene Dinge, die er mit ihnen gemeinsam hat.

Ceci ist sieben Jahre alt und hält sich mit ihrer Mutter in einer alten Gerümpel-Hütte am Strand versteckt. 1979 herrscht in Argentinien eine strenge Militärdiktatur, die für Oppositionelle keine Gnade kennt und Gegner entweder verschwinden oder umbringen lässt. Allzu gut weiss Cecis Mutter Lucía um die Gefahren, hat sie durch die prekären Zustände doch schon so manchen geliebten Menschen verloren, und auch der Verbleib und Zustand ihres Mannes ist ungewiss. Die nervlich belastete Frau versucht gar nicht erst, ihre Tochter vor der grausamen Realität zu bewahren; um Ceci die Bedeutung der Geheimhaltung ihres Verstecks und ihrer Identität bewusst zu machen, führt sie ihr die Realität genaustens vor Augen. So trichtert sie Ceci Lügen ein, die das Mädchen auswendig lernen muss, falls es nach seinen Eltern oder deren Beruf gefragt wird. Im Schritt, das unruhige Kind die örtliche Schule besuchen zu lassen, liegt einerseits die Gefahr aufzufliegen, andererseits ist Cecis Abwesenheit Balsam für die Nerven der Mutter und eine gute Beschäftigung für die Siebenjährige. Bald schon lernt Ceci neue Freunde kennen und kann wieder lachen. Hier wird sie aber auch mit Fragen konfrontiert, auf die sie nur mit eingetrichterten, notgedrungenen Lügen antworten kann. Richtig brenzlig wird es, als das Militär in die Schule kommt und unter den Kindern einen Wettbewerb veranstaltet. Die Schüler werden aufgefordert, einen Aufsatz über die glorreichen Soldaten und das Militär zu verfassen. Das beste Schreiben – oder die grösste Lobhudelei – wird mit einem Preis (auf Spanisch: El premio) ausgezeichnet. Ceci schreibt nieder, was sie von ihrer Mutter über das Militär gelernt hat – und das ist selbstverständlich nichts Gutes. Damit bringt sie ihre Familie in grosse Gefahr….

Die äusseren Bedingungen sind nicht gerade einladend: das kalte, schäumende Meer, stürmische Windböen, die gräulich-braunen Farbtöne, kein Sonnenschein – ein ungemütliches Szenario. Ebenso wirkt auch die hier dargestellte Mutter-Tochter Beziehung: unterkühlt, angespannt, genervt, mit der Zeit auch gelangweilt. Untermalt wird diese bildliche und zwischenmenschliche Tristesse von einer seltsam verstimmten Musik – vor allem den Klängen eines Klaviers –, die gerade wegen ihrer Misstöne so gut mit dem Rest des Films harmoniert. Die unsichtbare Fratze des Militärregimes scheint hier allgegenwärtig zu sein und sich allein durch das Hörensagen im Kopfe des Zuschauers zu manifestieren. Anders als im eingangs erwähnten El laberinto del fauno ist die Flucht in eine Fantasiewelt hier keine Option. Aus der harten Realität gibt es keinen Ausweg, nicht mal für Kinder. Entsprechend wird die Funktionsweise von Verrat und Denunziation bereits in der Schule gelehrt. So zeigt eine Szene die Kinder, die so lange im Regen herumlaufen, bis jemand den Übeltäter verrät. Schliesslich verpetzt Silvia ihre beste Freundin Ceci bei der Lehrerin, weil sie einem Jungen die Lösungen für einen Mathetest zugesteckt hat. Was bei den Grossen tödlicher ernst wird, wird schon bei den Kleinen durchexerziert. In Das weisse Band schien die streng protestantische Erziehung die Kinder zur Einheit zusammenzuschweissen, keiner wurde nach aussen verraten. In El premio aber ist die Militärdiktatur schon in vollem Gange, hat sich längst ins Bildungssystem eingeschlichen und lockt Nachkömmlinge im Sinne des netten Onkels von nebenan mit heisser Schokolade auf ihre Seite.
Zu Recht gewann El Premio den Silbernen Bären für das Production Design. Aber auch die Kameraarbeit von Wojciech Staron wurde berechtigterweise mit einem solchen geehrt: mal ganz nah und lange bei Ceci, auf ihrem Heimweg durch die Dünen, mal aus grosser Distanz. Die Kamera scheint regelrecht darauf zu warten, dass das Mädchen endlich wieder Kind sein kann. Ceci aber ist geprägt von der Vergangenheit, von Lügen, die sie erzählen muss und dem Geheimnis, das auf ihren Schultern lastet. Wenn die eigentliche Frohnatur der Kleinen einmal jedoch über den Alltag siegt, ist die Kamera sofort zur Stelle. Paula Galinelli Hertzog spielt die Rolle der Ceci umwerfend. Dabei gewinnt sie die Zuschauerherzen nicht durch ihr niedliches Aussehen – denn ihre Haare sind verstrubbelt und die Kleider abgetragen –, sondern durch ihr versiertes Schauspiel und die darin ausgedrückten Emotionen. Wie die Regisseurin, die mit diesem Film ein starkes, autobiografisch beeinflusstes Debüt abliefert, ist auch die junge Hauptdarstellerin ein Versprechen für die Zukunft.

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El premio (2011)
Englisch: The Prize
Land: Frankreich, Mexiko, Polen, Deutschland
Regie: Paula Markovitch
Drehbuch: Paula Markovitch
Schauspieler: Laura Agorreca, Paula Galinelli Hertzog, Viviana Suraniti, Sharon Herrera, Uriel Iasillo, u.a.
Musik:: Sergio Gurrola
Laufzeit: 100 Minuten
Start CH: –
Verleih: –
Weitere Infos bei IMDB[/box]
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© Studio, Verleih




© Studio, Verleih[hr]

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Filed Under: Kino, Rezensionen Tagged With: El premio (2011), Laura Agorreca, Paula Galinelli Hertzog, Paula Markovitch

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