Am 26. September 2009 wurde Roman Polanski bei seiner Einreise in die Schweiz am Flughafen Zürich aufgrund eines internationalen Haftbefehls verhaftet. Polanski war auf dem Weg ans Zurich Film Festival, um den Tribut-Award für sein Lebenswerk in Empfang zu nehmen. Ein Schock für die Festivalleitung, wie auch für viele Filmfans, reiste der polnisch-französische Regisseur doch seit Jahren in die Schweiz und durch ganz Europa. Bis heute will die US-Justiz Polanski wegen Sex mit einer Minderjährigen im Jahr 1977 vor Gericht bringen, obwohl er bereits verurteilt wurde, eine Gefängnisstrafe verbüsst hat und das damalige Opfer keinen Groll gegen den Angeklagten hegt. Polanski wirft dem damaligen Richter und dem heutigen Staatsanwalt Befangenheit vor, weil sie sich nicht an die damalige Abmachung halten würden. Die Verhaftung und die heikle Angelegenheit des Geschlechtsverkehr, löste in der Schweiz grosse Diskussionen aus, wobei sich viele Kunstschaffende hinter Polanski stellten, während andere ihn als Kinderschänder gebrandmarkt sehen wollten. Polanski wurde unter Hausarrest gestellt, den er in seinem Chalet “Milky Way” in Gstaad verbrachte. Vor einem Jahr hat Bern entschieden, seinen Namen aus dem nationalen Fahndungssystem zu streichen. Wer sich für den Fall genauer interessiert, dem sei der Dokumentarfilm Wanted and Desired von Marrina Zenovich ans Herz gelegt.
Zwei Jahre später nahm der Regisseur von Filmen wie Rosemary’s Baby, Chinatown und The Ghost Writer nun einen neuen Anlauf. “Besser spät als nie”, wie er während seiner Dankesrede sagte. Gegenüber der Schweiz hegt er keinen Groll und bedankte sich bei der Unterstützung, die er in der damaligen Zeit erhalten habe. Übergeben wurde der Preis von den Festivaldirektoren Nadja Schildknecht und Karl Spoerri.
“Was kann ich sagen, besser spät als nie. Es ist ein schräges Jubiläum […] Einige Dinge würde ich lieber vergessen. Aber ich bin glücklich hier zu sein, weil ich weiss, dass es nicht nur für mich und meine Familie ein harter Schlag war, sondern auch für das Festival. Wenn man hier auch nur kleine Wunden heilen kann, dann macht mich das glücklich. Es ist ein sehr bewegender Moment für mich, also erwartet keine lange Rede. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, all jenen Leuten zu danken, die mich in diesen schwierigen Monaten unterstützt haben. Speziell möchte ich dem Gefängnispersonal danken, die meinen Aufenthalt so erträglich wie möglich zu gestalten versuchten. Auch dem Gefängnisleiter des Kanton Zürich, mir ist es ernst, es ist bei weitem kein Witz. […] Entschuldigung ich bin zu bewegt, euch mehr über die Situation zu erzählen. Ich liebe es in die Schweiz zu kommen, ich komm schon seit Jahren hierher und ich bin glücklich hier zu sein.”
Als Überraschungsfilm wurde nach der Verleihung die Dokumentation Roman Polanski: A Film Memoir gezeigt, der das aussergewöhnliche Leben des Menschen und Filmkünstlers Roman Polanski zeigt. Der Regisseur selber erzählt seinem langjährigen Freund, dem Produzenten Andrew Braunsberg, von seiner Karriere in Europa und den USA, der Tragödie um seine damalige Frau Sharon Tate, seiner Verhaftung im Jahr 1977, und der daraus resultierenden Kontroverse und der Zeit bis heute. Regie führte Laurent Bouzereau.
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