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Der teutonische Pyrotechniker mal hautnah

12/11/2011 By Simon Reber Leave a Comment

von Simon Reber

Der etwas beleibtere Mann im zu kurzen Anzug einige Reihen vor mir versprühte alles andere als Freude. Und je länger das Podiumsgespräch mit Regisseur Roland Emmerich und der Zürcher Professorin für Anglistik, Elisabeth Bronfen, an diesem Donnerstagmorgen zu gehen drohte, umso röter wurde sein Gesicht, umso unruhiger sein Sitzverhalten, umso energischer seine nun doch unüberhörbaren Mundgeräusche – er konnte es auch mit bestem Willen nicht verhindern, jede einzelne Aussage Emmerichs über sein neustes Werk Anonymous, die etwas andere Geschichte über William Shakespeare, mit seiner Nachbarin, eine adrett gekleideten Mittdreissigerin mit strenger, nach hinten gekämmter Frisur, zu diskutieren, zu analysieren und als lächerliches Gelaber eines Unwissenden abzustempeln. Ja, in Anonymous geht’s dem Mythos Shakespeare an den Kragen. Der englische Barde, der möglicherweise bedeutendste Dramatiker aller Zeiten, wurde von Emmerich kurzerhand und spitzbübisch zum Alki, zum Nichtsnutz, zum Dummkopf umfabriziert. Dreist, aber irgendwie erfrischend. Harmlos, aber nicht minder unterhaltend. Diese Meinung schien der etwas beleibtere Mann im zu kurzen Anzug einige Reihen vor mir ganz und gar nicht zu vertreten. Im Gegenteil: Ihm stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben.

Für mich als stummen Beobachter ungemein erheiternd, sorgte seine Bestürztheit ob der Verballhornung für zusätzliche Unterhaltung. Doch in der interessierten Masse blieb er die belustigende Ausnahme. Was weiss der denn schon. Die Studenten, Doktoranden, Assistenten und Professoren, gefühlte tausend Leute, die an jenem Donnerstagmorgen in den grossen Saal des Zürcher Kinos corso 1 pilgerten, waren, wenn schon nicht durch und durch begeistert, zumindest fasziniert von den Erklärungen Emmerichs zur Entstehungsgeschichte seines neusten Films. Seine Ausführungen zu Shakespeare, die bewusst kontrovers formuliert wurden und deren visuelle Umsetzung man sich seit dieser Woche im Kino zu Gemüte führen kann, zeugten von regelrechter Begeisterung, aber auch Belesenheit, die man dem deutschen Regisseur so nicht zugetraut hätte.

Ja, da ist der Ruf, der Emmerich – dem teutonischen Pyrotechniker und Ehren-Bambi Gewinner als Deutscher in Hollywood – stets vorauseilt. Aber der stört ihn nicht wirklich. Im Gegenteil: Er spielt mit ihm, greift bewusst auf ihn zurück, benutzt ihn wann immer möglich: und das lässt Emmerich irgendwie ungemein sympathisch wirken. Stets hat man das Gefühl, er würde sie ein klein wenig mögen, diese undankbare Rolle des Popcornkinoregisseurs. Bereits während seiner Ausbildung an der Filmhochschule in München war ihm klar, wie Emmerich erzählte, dass er die Massen würde unterhalten wollen. Und betrachtet man sein Oeuvre, egal ob Independence Day, The Day after Tomorrow oder 2012, dann muss man ihm dies neidlos zugestehen: Der Mann sorgt für Unterhaltung. Und für Entsetzen bei Filmkritikern.

Doch zurück zu Anonymous, Emmerichs Herzensprojekt. Ein Film, den er schon lange drehen wollte, für den er aber nie das Geld hatte. Ein Film, den er bewusst mit Elementen des klassischen Theaters umsetzte, dabei aber auf eine neuentwickelte Kamera setzte, die bei stark reduzierten Lichtquellen malerische, an den holländischen Maler Vermeer erinnernde Bilder erzeugt. Entsprechend visuell-ausladend kommt das Werk daher: erstaunlich, was man heutzutage alles im Computer entstehen lassen kann. Anonymous ist das Geschenk Hollywoods an Emmerich, das dem Regisseur ironischerweise erlaubt, das Entstehen von Kunst filmisch einzufangen. Nach mehreren hundert Millionen, wenn nicht Milliarden Dollar an Gewinn, schenkten die Filmstudios Emmerich 23 Millionen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Ein Film, so die Essenz nach Emmerich, der beweist, dass der Stift mächtiger sein kann als das Schwert. Eine Tragödie im Stile Shakespeares, die trotz allem mit einem kleinen Happy End auftrumpfen kann.

Werden wir uns nun an Emmerich als Arthouse-Regisseur gewöhnen müssen? Sicherlich nicht, versichert er. Sein nächstes Projekt soll wieder riesig werden, ein Kracher. Höchstwahrscheinlich wird unser blauer Planet wieder daran glauben müssen. Doch es könnte sein, falls sich Hollywood in einigen Jahren erneut des deutschen Regisseurs erbarmt, dass sich ein weiterer, ‚kleiner’ Emmerich-Film seinen Weg in die hiesigen Kinosäle erkämpfen wird. Stoff habe er genug, verkündete Emmerich. Da sind wir mal gespannt.

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