![]() Land: USA Regie: James Bobin Drehbuch: Jason Segel, Nicholas Stoller, Jim Henson (Charaktere) Darsteller: Jason Segel, Amy Adams, Chris Cooper, Rashida Jones, u.a. Kamera: Don Burgess Schnitt: Alan Baumgarten, James Thomas Musik: Christophe Beck Laufzeit: 103 Minuten Start CH: 02.02.2012 Verleih: Walt Disney Studios Motion Pictures Switzerland Weitere Infos bei IMDB |
Als Kermit der Frosch noch grün war
von Severin Auer
James Bobin gelingt ein erfreulich frisches Reboot der erfolgreichen Fernsehserie «The Muppet Show», die es nach zehn Jahren Kinoabstinenz wieder auf der grossen Leinwand zu sehen gibt. Liebevoll im Detail, modern in der Präsentation, mit populärkulturellen Verweisen und einigen geschickten Spielereien innerhalb des Mediums.
Walter ist nicht nur der grösste Muppets-Fan der Welt, sondern selbst eine puppenhafte Stoffkreatur. Zusammen mit seinem Bruder Gary (Jason Segel) zieht er sich am Fernseher stundenlang die Muppet-Show rein und merkt bald, dass er nicht so recht in die Menschenwelt passt. Sein grösster Wunsch: einmal den Muppets und seinem grossen Idol Kermit dem Frosch zu begegnen. Da hat Gary, der mit seiner Verlobten Mary (Amy Adams) fürs zehnjährige Beziehungsjubiläum nach Los Angeles fahren wird, genau die richtige Überraschung für ihn: ein Reise-Ticket, inklusive Besuch in den legendären Muppet-Studios. Was sie im Voraus nicht wissen: zu sehen gibt es dort nur noch eine heruntergekommene, verstaubte Bruchbude. Der Ölbaron Tex Richman verspricht vordergründig zwar alles zu einem schönen Museum umzubauen, will sich in Wirklichkeit aber nur das Grundstück aneignen, um ungestört nach dem schwarzen Gold bohren zu können. Gary, Mary und Walter beschliessen umgehend, Kermit den Frosch zu suchen und ihm von den fiesen Absichten zu berichten. Den Rettungsplan haben sie im Gepäck: Laut Vertrag können die Muppets das Gebäude für 10 Millionen bis zu einem bestimmten Datum selber kaufen. Doch die Zeit ist knapp und die Puppen haben sich längst in alle Himmelsrichtungen verstreut. Zusammen mit Kermit machen sie sich auf die Suche, um die alte Truppe wieder zusammenzutrommeln und eine grosse Show für eine Spendengala einzustudieren, die das nötige Geld einspielen soll…
Die Ursprünge der Muppets gehen zurück bis in die 1950er-Jahre, als Jim Henson Kermit den Frosch erstmals in einer Fernsehserie auftreten liess. Die klassische Muppet-Show wurde zwischen 1976 und 1981 ausgestrahlt. Die Figuren sind den meisten von uns aber aus der Kindheit und der Sesamstrasse bekannt, und irgendwie vermisst man sie schon, hat man doch das Gefühl, sie seien zwischen all den computergenerierten Serien endgültig in der Versenkung verschwunden. Dabei tummeln sie sich nach wie vor auf der Mattscheibe: 2010 wurde zum Beispiel eine Folge mit Katy Perry verboten, weil sie ihren Song mit Elmo in einem zu gewagten Kleid vorgetragen hatte. Nun machen die Muppets aber einen grossen Schritt aus ihrem Nischendasein und versuchen es nach über zehn Jahren Kinoabstinenz wieder auf der grossen Leinwand. Ein Versuch, den Jason Segel, selber Fan seit Kindertagen, vorangetrieben hat. Während der Dreharbeiten zu Forgetting Sarah Marshall (2008) entstand zusammen mit Regisseur Nicholas Stroller die Idee für den neuen Muppets-Film, was den Verantwortlichen bei Disney zu gefallen schien, welche die beiden zum Drehbuchschreiben aufforderten. Als die Muppet-Version von Queens „Bohemian Rhapsody“ auf Youtube dann Klickzahlen in Millionenhöhe aufzeigte, stand dem Film nichts mehr im Wege.
Wenn sich die Muppets im Film wieder gemeinsam auf die Bühne wagen, unsicher, ob sich alte Fans noch für die Puppen-Varieté-Show interessieren und überlegend, ob vielleicht sogar ein neues Zielpublikum gewonnen werden könnte, ist dies nicht bloss eine gespielte Rückkehr ins Rampenlicht. Nach jahrelanger Abstinenz in der breiten Öffentlichkeit stellt sich tatsächlich die Frage: Wer will eine Musical-Komödie mit Puppen sehen? Im Film sind sich die Fernsehsender einig: niemand. Der bedauerliche Ausspruch „Lo siento pero no“ des spanisch sprechenden Vertreters lässt die Muppets aufgrund von Verständnisschwierigkeiten kurz in Jubelschreie ausbrechen – ein herrlicher Gag – , um sie sogleich auf den harten Boden der Realität zurückzuholen. Und die heisst: „Punch your Teacher“ – nur eine von vielen, lieblosen, absurden Reality-TV-Sendung mit hohen Einschaltquoten. In den fröhlichen Muppets sieht man kein Potential. Immerhin, “Punch your Teacher” kriegt bald rechtliche Probleme und der Sendeplatz wird unerwartet frei. Die Chance für die geplante Spendengala. The Muppets spielt geschickt mit solchen populärkulturellen Verweisen wie auch mit den Eigenheiten des Mediums Film. Segels Serienpartner Neil Patrick Harris (aka Barney Stinson aus How I Met Your Mother) sitzt mit Selena Gomez – „I don’t even know who the Muppets are. I am only here because my agent told me to come.“ – am Spendentelefon und Jim Parsons (Dr. Dr. Sheldon Lee Cooper aus The Big Bang Theory) verkörpert Walters menschliches Ebenbild im als Videoclip inszenierten Ohrwurm „Man or Muppet“. Dieser erinnert an die ironisch-witzigen Musikclip-Highlights aus der HBO-Serie Flight of the Conchords; kein Wunder, Bret McKenzie ist als musikalischer Berater mit an Bord. Verweise an jeder Ecke, stimmig eingebaut, ohne es darauf anzulegen, dass alles verstanden werden muss. Ob das Kinderpublikum zum Beispiel den knisternd-kreischenden Wählton eines 56-KBit-Modems einordnen kann, ist zu bezweifeln, lockt bei vielen Erwachsenen aber einen lauten Lacher hervor.
Auch bei der Genre-Zuteilung nimmt sich The Muppets nicht ganz so ernst und wechselt gekonnt zwischen Musical, Komödie und Coming-of-Age-Geschichte, um gleichzeitig die Eigenheiten des Mediums Film zu thematisieren und sich zunutze zu machen. Wie man die unzähligen Muppets am schnellsten zusammentrommeln kann, um den 90-minütigen Zeitrahmen des Films nicht zu sprengen? Mit einem Montagesong. Und um sich die Wartezeit am Flughafen sowie den Ab- und Anflug nach Paris zu sparen, wo Miss Piggy mittlerweile als Prada-tragende, teuflische Mode-Ikone residiert, reist man am schnellsten „per Karte“, eingeblendet und mit Strichlinie als Flugroute gekennzeichnet.
In The Muppets sind die Puppen die Stars, die wabbeligen Bewegungen so glaubwürdig und ikonografisch wie eh und je. Die menschlichen Mitstreiter werden dabei allerdings zu Nebenfiguren degradiert, besonders Amy Adams geht völlig vergessen. Dennoch, das Reboot macht auf weiten Strecken alles richtig, es wirkt weder verbissen noch gezwungen, verpasst den in die Jahre gekommenen Figuren einen neuen Anstrich, ohne ihnen ihre Identität zu rauben. Ein Familienspass für Gross und Klein, der den Kindheitswunsch nach lebendig gewordenen Plüschfiguren für eineinhalb Stunden wahr werden lässt.
©Walt Disney Studios Motion Pictures Switzerland
©Walt Disney Studios Motion Pictures Switzerland
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