Gestern Samstag den 29. September 2012 wurden im Opernhaus Zürich die Preise des 8. Zurich Film Festival vergeben. Die Jury des Internationalen Spielfilmwettbewerbs mit Frank Darabont, Michael Shamberg, Deborah Aquila, Daniel Espinosa, Carlos Leal und Pietro Scalia überreichte das Goldene Auge an Rufus Norris (Grossbritannien) für sein Erstlingswerk “Broken”.
Die Jury des Internationalen Spielfilmwettbewerbs um Jurypräsident Frank Darabont vergab das Goldene Auge an Regisseur Rufus Norris und sein Erstlingswerk Broken. Das Adoleszenz-Drama bezeichnet die Jury als bewegenden Film, “der die Zuschauer auf eine berührende emotionale Reise mitnimmt”. Eine besondere Erwähnung ging an das Darstellerensemble von End of Watch und an Darstellerin Nermina Lukac aus Eat Sleep Die.
“Broken” erzählt von der aufgeweckten Elfjährigen Skunk, die mit ihrem Vater Archie und dem Au-pair Kasia in einem Vorort Londons wohnt. Obwohl ihre Mutter die Familie verlassen hat und sie an Diabetes leidet, fühlt sich Skunk wohl im Leben. Eine spezielle Freundschaft verbindet sie mit Rick, dem sonderbaren jungen Mann aus dem gegenüberliegenden Haus. Als dieser eines Tages von einem weiteren Nachbarn brutal zusammengeschlagen wird, gerät Skunks kleiner Kosmos aus den Fugen: Rick wird in eine Klinik abgeschoben, Kasia beendet die Beziehung zu Skunks Lieblingslehrer, und ihr Vater beachtet sie kaum noch. Die Probleme der Erwachsenen drohen ihre Kindheit zu zerbrechen – aber Skunk will sie festhalten, um jeden Preis.
Die Internationale Dokumentarfilmjury vergab ihr Goldenes Auge an The Imposter von Bart Layton, der damit sein Regiedebüt gab. Die Jury um Jessica Yu, Mohammed Al-Daradji, Janus Metz und Phillippe Diaz bewunderte „seine umfassende Weltsicht, seine technische Umsetzung wie seine herausragende Regie“. Eine besondere Erwähnung ging an El Bella Vista von Alicia Cano und Sofia’s Last Ambulance von Ilian Metev.
1994 verschwindet der 13-jährige Nicholas spurlos aus dem Elternhaus in San Antonio, Texas. Als die spanische Polizei Jahre später einen Mann dieses Namens aufgreift, steht für seine Familie eindeutig fest: Der verschwiegene junge Mann ist ihr Sohn, auch wenn dessen Äusseres kaum an Nicholas erinnert. Eine FBI-Agentin hegt allerdings Zweifel an dieser wundersamen Fügung des Schicksals… “The Imposter” dokumentiert einen fast unglaublichen Betrug. Aus den Ausführungen des Identitätsschwindlers Frederic Bourdin, den Interviews mit allen anderen Betroffenen und traumartig visualisierten Rückblenden entspinnt sich ein Doku-Thriller, der nicht nur an den Grenzen von Dokumentation und Fiktion rüttelt, sondern auch an jenen zwischen Wahrheit und Lüge.
Im Deutschsprachigen Spielfilmwettbewerb vergab die Jury um Herbert Grönemeyer, Julia Jentsch, Florian Flicker, Marcel Hoehn und Peter Luisi ihr Goldenes Auge an Pola Beck und ihren Erstlingsfilm Am Himmel der Tag. Grönemeyer attestierte der Dreissigjährigen, dass sie „in ihrer Abschlussarbeit ein selten angesprochenes Thema in einem feinfühligen, emotional wuchtigen, in sich stimmigen, präzisen Film zu erzählen“ vermag. Eine besondere Erwähnung erhielten die Darsteller Christine Ostermayer und Karl Merkatz aus Anfang 80, wie auch Regisseur Jan-Ole Gerster für Oh Boy.
„Glückwunsch, Sie sind schwanger“. Lara kann nicht glauben, was ihr die Frauenärztin sagt. Zusammen mit ihrer besten Freundin Nora zieht die 25-jährige nachts um die Häuser Berlins. Das Interesse an ihrem Architekturstudium hat Lara längst verloren. Sie weiss nicht, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Während einer Partynacht lässt sie sich auf einen Barkeeper ein – und wird prompt schwanger. Nora ist von der Nachricht sofort begeistert: „Wir bekommen ein Kind!“ Nach anfänglichen Zweifeln beginnt aber auch Lara, die Schwangerschaft als Chance zu begreifen. Zusammen mit Nora streicht sie das Kinderzimmer und geht schon mal auf Vatersuche. Bis die Frauenärztin eines Tages mit einer schlechten Nachricht aufwartet.
Die Deutschsprachige Dokumentarfilmjury mit Gabriele Kranzelbinder, Martin Hagemann, Stefan Haupt und Mirjam von Arx vergab ihren Preis an Regisseur Gerald Igor Hauzenberger für Der Prozess. Eine besondere Erwähnung erhielt Outing von Sebastian Meise.
Blosse Vermutungen reichen in Österreich aus, um eine Gruppe von Tierschützern hinter Gitter zu bringen. Nach drei Monaten Untersuchungshaft findet sie sich in einem Prozess auf der Anklagebank des Staates wieder: In den Nachwehen von 9/11 wurde der Strafrechts-Paragraf 273a eingeführt. Er soll dem Staat ermöglichen, terroristische Aktivitäten im Keim zu ersticken. Jahrelange Überwachung, Hausdurchsuchungen, verdeckte Ermittler – das Ergebnis: Fünf Millionen Euro Ermittlungskosten, keine Beweise und jede Menge Zweifel am Funktionieren des Justizsystems – und der Demokratie. Der Filmemacher Igor Hauzenberger hat einen der meistbeachteten Prozesse Österreichs mit seiner Kamera begleitet.
Der Kritikerpreis für den besten Erstlingsfilm in den beiden Spielfilmwettbewerben wurde von Filip Dingerkus, Hannes Nüsseler und Georges Wyrsch an El Ultimo Elvis von Armando Bo vergeben, „für die emotional verbindliche Schilderung eines Mannes, dessen Personenkult mit Elvis zur identitären Fixierung wird.“
Tagsüber arbeitet Carlos in einer Schrottverwertung – kein einfaches Leben. Vergeblich bemüht sich der Mittvierziger darum, ein Verhältnis zu seiner Tochter aufzubauen, die bei ihrer Mutter lebt. Nachts jedoch ist Carlos ein Star – denn er ist Elvis. Stolz steht er in seinem glitzernden Vegas-Kostüm auf der Bühne, singt die Hits des King of Rock’ n Roll, auch wenn‘s kaum jemanden interessiert. Immer öfter verabschiedet sich Carlos aus dem Alltagstrott, denn als Elvis lebt sich‘s besser: Party mit John Lennon, und jeden Abend Toast mit Erdnussbutter und Banane. Als er nach einem Autounfall seiner Ex-Frau gezwungen ist, Verantwortung für seine Tochter zu übernehmen, muss er sich entscheiden: Die Realität akzeptieren – oder den Traum konsequent Leben.
Der Publikumspreis ging in diesem Jahr an den den Schweizer Dokumentarfilm Appassionata von Christian Labhart.
„Mit den Worten kann man lügen, mit den Tönen nicht“. Alena Cherny ist Konzertpianistin mit Leib und Seele – ihr Spiel verrät Trauer und Wut, aber auch Enthusiasmus und Liebe. Fernab von ihren Eltern in einem Internat in Kiew gross geworden, ist sie nach der Katastrophe von Tschernobyl in die Schweiz emigriert. Heute ist sie als Künstlerin etabliert und möchte sich einen Herzenswunsch erfüllen: Der Musikschule ihres ukrainischen Heimatdorfes einen Flügel schenken. Zusammen mit dem Instrument geht sie auf eine Reise in die Vergangenheit. Sie besucht die Orte ihrer Kindheit, ihre Mutter, aber auch das Internat und – Tschernobyl. APPASSIONATA ist die Geschichte einer Emigration, gleichzeitig das Portrait einer starken Frau und ihrer Leidenschaft.
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