Heute öffnet das bedeutendste Schweizer Filmfestival seine Pforten: Das “Festival del film Locarno” geht in die stolze 66. Runde. Zwar haben sich in der Schweiz im Laufe der Jahre weitere Filmfestivals wie etwa jene in Solothurn, Zürich oder Neuchâtel etabliert, Locarno bleibt aber das Aushängeschild der Schweizer Filmfestivalszene und eines der berühmtesten und ältesten Filmfestivals Europas.
Die Besonderheit des Festivals sind die Vorführungen auf der Piazza Grande, einer Freilichtkinobühne, wo man Filme aus dem Internationalen Wettbewerb, aus den Retrospektiven, aber auch besondere Gala-Vorführungen unter freiem Himmel zu sehen bekommt. In diesem Jahr eröffnet das Festival auf eben diesem Platz im Zentrum von Locarno mit dem Actionfilm 2 Guns mit Denzel Washington und Mark Wahlberg in den Hauptrollen. Des Weiteren werden etwa die Komödie We’re the Millers mit Jennifer Aniston oder der schon an der Berlinale ausgezeichnete chilenisch-spanische Film Gloria auf dieser speziellen Leinwand vorgeführt. Eine ganz besondere Kinoerfahrung dürfte auch Werner Herzogs Meisterwerk Fitzcarraldo sein, der am Freitag, 16. August, auf der Piazza Grande gezeigt wird. Werner Herzog ist sogleich auch Ehrengast des Festivals und wird mit dem Ehrenleoparden ausgezeichnet. Dementsprechend werden seine berühmtesten Werke – z.B. Nosferatu: Phantom der Nacht; Aguirre, der Zorn Gottes oder Grizzly Man – während der Festwoche gezeigt. Weitere Ehrengäste des Festivals sind Christopher Lee, Faye Dunaway und Jacqueline Bisset, deren Filmschaffen man ebenfalls mit gesonderten Filmvorführungen gebührend feiert.
Die Jury des Internationalen Wettbewerbs, der rund 20 Filme fasst, wird in diesem Jahr von Lav Diaz als Ehrenpräsidenten angeführt. Der philippinische Filmregisseur dürfte Cineasten besonders aufgrund seiner überdurchschnittlich langen Filme ein Begriff sein. So ist beispielsweise eines seiner berühmtesten Werke, Melancholia, 450 Min lang. Folgerichtig sprengen seine Filme jeden Rahmen einer gewöhnlichen Kinovorstellung, weswegen man Diaz nachsagt, die Relation zwischen Erzählzeit und erzählter Zeit neu auszuloten. Das Festival zeigt seinen Film Norte, the End of History (notabene 250 Min. lang) in einer gesonderten Vorstellung am Sonntag, 11. August.
Es wird spannend sein, wie die Jury unter seiner Präsidentschaft die neuen Werke von Shinji Aoyama (Tomogui), Thomas Imbach (Mary Queen of Scotts) oder Kiyoshi Kurosawa (Real) bewerten wird. Und wie stehen da die Chancen für den jungen David Wnendt (Kriegerin), der mit Feuchtgebiete einen schon im Vorfeld proklamierten Skandalfilm und ebenso eine Verfilmung eines Skandalbuchs ins Wettbewerbsrennen schickt? Mit Yorgos Lanthimos, der mit Dogtooth und Alpeis bereits für Furore gesorgt hat, ist einer der jungen und wilden Griechen in der Hauptjury vertreten. Bei ihm könnte ein solcher „Skandalfilm“ Anklang finden. Weitere Werke, die mit Spannung erwartet werden, sind: das britische Ehe-Drama Exhibtion von Joanna Hogg und mit Tom Hiddleston (Loki aus The Avengers und Thor); die französische Komödie Une autre vie von Emmanuel Mouret mit der französischen Starschauspielerin Virginie Ledoyen oder Short Term 12 von Destin Cretton – ein Coming-of-Age Drama, das bereits an manchem US-Festival gute Kritiken einheimsen konnte.
Zahlreiche weitere Vorführungen und Sektionen wie etwa die Nachwuchssparte – bestehend aus Kurz- und Mittellangen-Filmen – „Pardi di domani“ oder die Reihe „Concorso Cineasti del presente“ für Erst- und Zweitlingswerke runden das Festival ab. Hervorzuheben sei noch die Retrospektive zu George Cukor, in der es einiges aus dem Schaffen des grossen Hollywood-Regisseurs und Oscarpreisträgers (My Fair Lady) wiederzuentdecken gibt.
Alle wichtigen Informationen und natürlich das aktuelle Programm findet ihr auf der offiziellen Website:
Leave a Reply