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Berlinale 2014 – Kino der Einzelgänger

05/03/2014 By Groarr Leave a Comment

(von dap)

Die 64. Berlinale war ein starker Jahrgang. Ein Jahr mit dominanten Hauptfiguren, die man auf ihrem Weg begleitet und die nicht selten an einen Punkt in ihrem Leben gelangen, an dem sie nicht mehr weiterkommen und die Richtung ändern müssen. Es geht dabei immer wieder um Glauben und Religion, Sucht und Sehnsucht. Eine ausgewählte Anzahl von Festival-Beiträgen um ebensolche Einzelgänger stehen hier im Fokus:

Calvari_01CALVARY (GBR/IRL 2014, John Michael McDonagh)
Ein gelungener Beitrag in dieser Hinsicht war Calvary vom irischen Regisseur John Michael McDonagh. Bereits für sein Debüt The Guard erhielt McDonagh eine lobende Erwähnung. Damals brillierte Brendan Gleeson als rassistisch-kauziger Kleinstadtpolizist. Diesmal spielt er den Dorfpriester in ähnlicher Kulisse, der gleich zu Beginn des Films auf die Probe gestellt wird. Bei einer Beichte wird ihm sein Tod vorausgesagt  – noch eine Woche hat er Zeit, dann soll er für die Sünden der Kirche, die dem unbekannten Beichter viel Leid angetan hat, stellvertretend bezahlen. Dem Tod geweiht, gibt der gutmütige Priester aber nicht auf gegen die Sünden seiner Mitbürger zu kämpfen. Gleeson spielt den Gläubigen als ein vom Leben gezeichneter und von dieser auferlegten Bürde durch die Drohung durchaus belastet – aber nie ganz hoffnungslos. Dieser Priester ist in einer heutigen Welt nicht mehr in der Lage die anderen vom Glauben zu überzeugen – diese Zeiten sind offensichtlich vorbei. Vielmehr geht es darum für das eigene Dasein, und das der Kirche, eine legitime Berechtigung zu finden. Seine Schäfchen sind ihm längst davon gelaufen. Der Priester ist weltlich geworden und entsprechend wird auch mit ihm umgegangen: vom afrikanischen Automechaniker wird er von einer Zigarette beworfen, von der Dorfhure angemacht und schliesslich bleibt ihm auch eine Schlägerei im Pub nicht erspart. Als die Kirche brennt, scheint alles verloren, doch wegrennen ist keine Option. In McDonaghs Film steckt viel Kritik an der Kirche wie man sie auch in den Medien immer wieder liesst (Stichwort: Kindesmissbrauch), der Priester ist jedoch am Ende der einzige Sympathieträger, weil er als einziger Prinzipien hat und seinem Leben und dem seiner Mitmenschen einen Sinn zu geben versucht. Auch dank seines präsenzstarken Darstellers. Bemerkenswert effektiv ist der anfangs eingeleitete Who-Dunnit-Plot, der chronologisch verkehrt ist, aber dennoch gut funktioniert. Denn wer aus dieser gottlosen Gemeinde trachtet dem Priester nach dessen Leben?

© Dietrich Brüggemann

© Dietrich Brüggemann

KREUZWEG (DEU 2014, Dietrich Brüggemann)
Kreuzweg erinnert aufgrund seiner minimalistischen Ausführung und starken Realismus an frühe Werke von Michael Haneke und den inszenierten Dokumentarstil von Ulrich Seidl. Eine statische Kamera; lange, schnittlose Einstellungen sowie realitätsnahe Alltagsszenen bestimmen den Film. In 14 Einstellungen und den jeweiligen Inserts zu den einzelnen Stationen durchlebt die 14-jährige Maria den Kreuzweg von Jesus Christus auf ihre eigene Weise. Ihre Eltern gehören einer strenggläubigen Gemeinde an – ein Verweis auf die existierende Pius-Bruderschaft. Schon in der ersten Szene wird man Zeuge, wie der Priester im Religionsunterricht den Jugendlichen seine Doktrine einbläut, was im Falle von Maria zuhause in der Person ihrer Mutter eine fatale Fortsetzung findet. Der Priester erzählt Geschichten von Kindern, die als Soldaten Gottes kämpfen, schreibt Musik aus dem Radio als satanisch ab und redet den Kindern ein, ständig eigene Opfer bringen zu müssen – auch wenn es nur der Verzicht auf Süssigkeiten ist. Maria ist ein sehr kluges Mädchen, doch mit 14 Jahren auch ebenso naiv und manipulierbar. Sie nimmt die Worte für wahr, und entschliesst sich, das grösste aller Opfer zu bringen, ihr Leben. Um Gott näher zu sein, aber auch um ihrem kleinen Bruder zu helfen, der mit vier Jahren noch kein Wort spricht. Der Film zeigt in seinen besten Szenen, wie manipulativ und irreführend Religion in fanatischer Ausübung sein kann. Dass es aber auch nicht leicht ist, etwas dagegen zu unternehmen. Weder der Schulfreund, der um die Zuneigung des Mädchens buhlt, noch die vertrauenswürdige und ältere Au-pair-Tochter aus Frankreich oder gar die Turnlehrerin können Maria helfen und sie von ihrem Vorhaben abbringen. Zu stark ist Marias Angst vor ihrer Mutter und die Verblendung des Glaubens. Der Film rüttelt auf, gerade wegen seines realistischen Umfeldes, der authentischen Darstellung und der Hilflosigkeit, die man auch als Zuschauer verspürt.

© Wild Bunch Germany

© Wild Bunch Germany

STEREO (DEU 2014, Maximilian Erlenwein)
Maximilian Erlenwein gewann für sein Debüt Schwerkraft mit Fabian Hinrichs, Jürgen Vogel und Nora von Waldstetten mehrere Preise – u.a. den Max Ophüls Filmpreis vor vier Jahren. In seinem zweiten Spielfilm Stereo legt er noch einen Zahn zu. Gleich om der ersten Szene, in der der Hauptdarsteller Jürgen Vogel mit seinem zweirädrigen Mschine über die Landstrassen fegt und dies mit stimmungsmachender Elektromusik unterlegt wird, spürt man Erlenweins Talent für Tempo und Atmosphäre. Jürgen Vogel spielt den Besitzer einer Motorradwerkstatt auf dem Lande. Sein einziges Problem scheint der Vater der liebevollen Freundin zu sein, der als lokaler Polizist dem tätowierten Zuwanderer äusserst misstrauisch ist. Nicht zu unrecht, denn bald schon tauchen verdächtige Typen aus der Grossstadt auf, die etwas von Erik wollen. Dieser hat jedoch keine Ahnung, wer diese Unsympathen sind. Neben dieser realen Bedrohung taucht zusätzlich ein ebenso unangenehmer Zeitgenosse mit Kapuzenpulli auf (gespielt von Moritz Bleibtreu). Relativ schnell bemerkt Erik, dass jedoch nur er diesen komischen Dauerflucher sieht und ihn schnell wieder loswerden will.

Man muss kein ausgeklügelter Filmkenner sein, um zu erraten, dass der Hund irgendwo in Eriks Vergangenheit begraben liegt. Das von Erlenwein angewendete Harvey-Prinzip des unsichtbaren Begleiters wirkt angesichts der sonst bedrohlichen Thriller-Stimmung sonderbar. Die Videoclipästhetik, die stereotypen (daher vielleicht der Titel?) Gangsterfiguren und die beiden Hauptdarsteller sorgen aber dafür, dass diese Mischung dennoch funktioniert. Dass man den Film nicht all zu ernst nehmen sollte, dürfte dennoch klar sein und wird gegen Ende recht deutlich. Schlussendlich wird man aber nicht zuletzt wegen den beiden Hauptdarstellern gut unterhalten, trauert gleichzeitig jedoch dem hervorragenden Genrebeitrag nach, der Erlenwein ohne Stilbruch hätte gelingen können.

71_01’71 (GBR 2014, Yann Demange)
Richtig “straight forward” hingegen ist das Spielfilmdebüt ’71 von Yann Demange. Demange schlägt ein dunkles Kapitel im Nordirlandkonflikt auf und führt den Zuschauer in die Strassen Belfasts des Jahres 1971. Eine britische Truppe junger Soldaten wird an die Grenzzone befohlen, wo sich die Katholiken und Protestanten wiederholte Scharmützel liefern und die Gewalt jeden Moment zu eskalieren droht. Das Auftauchen der Soldaten bringt die lokale Bevölkerung schliesslich zum Brodeln und der Aufstand gerät ausser Kontrolle. Die Soldaten müssen sich in ihrem gepanzerten Fahrzeug zurückziehen, verlieren dabei jedoch zwei ihrer Männer. Und da passiert es: von der Menschenmenge getreten und geschlagen wird der eine Soldat kaltblütig erschossen, während der andere im letzten Moment fliehen kann. Eine Verfolgungsjagd auf Leben und Tod beginnt.

Mit rasantem Tempo und einer wackligen Kamera führt Demange den Zuschauer so nahe an das Geschehen des Nordirlandkonflikts heran, wie vielleicht noch kein Film zuvor. Dass die Hauptfigur ein britischer Soldat ist, erweist sich als besonders geschickt: Er steht zwischen den Fronten, kennt weder auf der einen, noch auf der anderen Seite ein Schlupfloch oder einen Verbündeten. In dieser Position findet man sich auch als Zuschauer wieder, der genauso orientierungslos zwischen fliegenden Molotov-Cocktails und explodierenden Pubs steht. Dies ist eine treffende Darstellung eines Konfliktes, den man als Aussenstehender nicht ganz fassen kann. Man könnte dieser Inszenierung vorwerfen sich zu wenig um politische Details zu kümmern und stattdessen sich zu sehr auf Action zu konzentrieren – doch dazu würde es erst einmal eine Verschnaufpause benötigen.

KumikoTreasureHunter_01Kumiko, the Treasure Hunter (USA 2014, David u. Nathan Zellner)
Dieser Film ist eine Perle. Eine Entdeckung, und Grund, warum Festivals einen in den Bann ziehen. In Sundance uraufgeführt, feierte der Film in Berlin seine internationale Premiere. Mit Kid-Thing dürften manch einem die Zellner Bros. bereits vor zwei Jahren in Berlin aufgefallen sein. Nun zurück mit Kumiko und natürlich mit Rinko Kikuchi (Babel) lieferten sie einen der schönsten Beiträge der diesjährigen Berlinale ab. Auch weil der Film nicht nur das Kino selbst, sondern auch dessen wichtigste Formel zelebriert: die Vorstellungskraft. Und davon hat die titelgebende Kumiko reichlich. Gleich zu Beginn des Films geht sie an einem einsamen Strand entlang und gräbt in einer Höhle einen Gegenstand aus, den man dort nicht erwarten würde: eine VHS-Kasette. Zurück in ihrer Kleinwohnung in Tokio – ziemlich voll gestellt und doch sehr gemütlich – testet sie das in die Jahre gekommene Medium aus. Und siehe da: Der Film läuft. Auch wenn die Qualität schon ziemlich angekratzt ist – Videokassetten sollte man nun mal nicht in einer Höhle nahe am Meer aufbewahren –, ist der Inhalt erkennbar: „THIS IS A TRUE STORY. The events depicted in this film took place in Minnesota in 1987. At the request of the survivors, the names have been changed. Out of respect for the dead, the rest has been told exactly as it occurred.“ Klingelts? Ja, genau. Dies sind die Vorworte des Coen-Meisterwerks Fargo. Für Kumiko ist es jedoch vielmehr der Startschuss für ein Abenteuer.

Rinko Kikuchi spielt die tragende Figur dieses Films und ihre ebenso naive wie zielstrebige Art ist bezaubernd. Als gelangweilte Assistentin, die als Mitdreissigerin als Single in einer Grossstadt lebt, steht sie symbolisch für eine Generation der Einzelgänger. Doch Kumiko findet sich mit dieser Situation nicht ab, beginnt ihrem ganz eigenen Traum nachzugehen. Denn immerhin handelt es sich ja bei dem Video-Film um eine wahre Geschichte. Irgendwo muss der von Steve Buscemi damals vergrabene Geldkoffer ja noch sein, oder? Gründe genug für die Japanerin, um sich von ihrem Alltag zu verabschieden und sich auf die Suche ins kalte Minnesota zu begeben.

Kumiko, the Treasure Hunter birgt viel Tragik in sich – jemand, der nicht zwischen Fiktion und Realität unterscheiden kann, ist nicht zwingend zu beneiden -, doch das Brüdergespann David und Nathan Zellner wissen dem mit der richtigen Portion Komik, Bizarrerie und den Vorzügen ihrer Hauptdarstellerin entgegenzuwirken. Auch lassen sie offen, was real ist, und wie weit die Fantasie der Figur reicht. Ein kleines Meisterwerk!

© Tessalit-Pathé

© Tessalit-Pathé

La voie de l’ennemi (FRA/DZA/USA/BEL 2013, Rachid Bouchareb)
Rachid Bouchareb besetzt in seinem Texas-Krimi La voie de l’ennemi Forrest Whitaker als Polizistenmörder, der nach jahrelanger Freiheitsstrafe entlassen wird und in das Wüstenkaff zurückzieht, wo damals alles aus dem Ruder lief. Der Knast hat ihn verändert, und die Konvertierung zum Islam hat ihn auf einen neuen Weg geführt – ohne Gewalt und Drogen. Doch was im isolierten Gefängnis Kopfsache ist, wird zurück unter Mitmenschen bald zur handfesten Herausforderung. Denn die anderen haben sich nicht verändert: Der rachsüchtige Sheriff (Harvey Keitel) hat ihm den Mord an seinem Deputy nie verziehen und möchte ihn für immer hinter Gitter sehen. Sein bester Kumpel (Luis Guzman) hingegen ist über die Rückkehr sehr erfreut und schmiedet bereits neue Pläne mit seinem einstigen Partner. Selbst wenn es die anderen nicht begreifen wollen, möchte William nur seine Ruhe: einen Job, eine Frau und Kinder. Eine einzige Verbündete scheint er in seiner Bewährungshelferin zu finden, doch auch die kann ihn gegen die äusseren Einflüsse nicht immer beschützen – schon gar nicht, wenn dem Hünen mal hin und wieder sein Temperament durchgeht.

Der Film ist das Remake eines französischen Klassikers. Bouchareb hielt sich aber natürlich das Recht vor, die Story der heutigen Zeit und seinem Interesse – vor allem der Kontext Islam – anzupassen. Im Grunde erinnert der Film in seinen Grundzügen an den Actionklassiker First Blood – oder hierzulande besser bekannt als Rambo. Im Stallone-Film spitzt sich die Ungerechtigkeit gegen den Outsider innerhalb des Mikrokosmos der US-Kleinstadt kontinuierlich zu, bis er den Spiess wortwörtlich umdreht und den Kampf gegen die Polizei aufnimmt. Eine solche Geradlinigkeit fehlt hier eindeutig. Zu sehr mäandert der Film zwischen Drama und Thriller, aber auch zwischen den Figuren. So nimmt sich Bouchareb zwar Zeit die Figur der Bewährungshelferin detailliert auszustatten, verpasst es dadurch aber wichtige Entwicklungen der Hauptfigur plausibel zu machen. Die zu schnell entstehende Liebesgeschichte zwischen William und Teresa etwa ist ein Beispiel dafür. Aber auch der Besuch bei seiner weissen Mutter (gespielt von Ellen Burstyn) wie auch seine ganze Vergangenheit bleiben eher unschlüssig. Nicht zuletzt enthält auch der Zwist mit dem Sheriff – immerhin heisst der Film auf Englisch „Two Men in Town“ – zu wenig Zündstoff und birgt ein weiteres Ungleichgewicht. Schlussendlich gelingen Bouchareb nette Zitate und schöne Bilder, der Film als Ganzes bleibt jedoch mittelmässig.

© Christian Geisnæs

© Christian Geisnæs

NYMPHOMANIAC – VOL 1 (LONG VERSION) (DNK 2013, Lars von Trier)
Bei der Pressekonferenz zu Melancholia in Cannes 2012 konnte man live mitverfolgen, wie Lars von Trier sich von Fragen der Journalisten provozieren und immer weiter ins Abseits stellen liess. Tiefpunkt dieser Irritationen war sein merkwürdiges Nazi-Bekenntnis, was schliesslich zu seiner Verbannung des traditionsträchtigen Filmfestivals führte. In der gleichen Pressekonferenz verriet er auch seine Pläne zu seinem nächsten Film, nämlich einem Porno. Rückblickend kann man diesen skandalösen Auftritt als Startschuss einer perfekten PR-Kampagne sehen. Denn was viele damals für seichtes Geschwätz hielten, hat Von Trier inzwischen mit Nymphomaniac tatsächlich umgesetzt. Und das mit Nebengeräuschen, die ein Film solange im Voraus schon lange nicht mehr produziert hat – von einem Arthouse Film ganz zu schweigen. Nebst dem Cannes-Skandal hat Von Trier Poster, die seine Stars (Charlotte Gainsbourg, Uma Thurman, Stellan Skarsgard, Christian Slater usw.) in orgastischer Pose zeigen, heraus gebracht. Dazu kamen ausgewählte Clips, die für Interesse sorgten. Und schlussendlich das extrem wirkungsvolle Gerücht, dass die Stars im Film echten Sex ausüben würden. Das ganze Trara liess befürchten, dass der Skandal deutlich über der künstlerischen Thematik stehen würde, und von Trier nach seinen Meisterwerken Antichrist und Melancholia auf eine Bruchlandung zusteuert. Falsch gedacht!

Der Film fasziniert schon in den ersten Sekunden: Ein dunkler Hinterhof. Braune Kacheln. Regen, der von den Rinnen tropft und den Rhythmus vorgibt. Die Kamera bewegt sich, immer wieder Schnitte und verschiedene Einstellungen. Auf dem Boden liegt ein regungsloser Körper. Ein weiblicher Körper. Blut wird sichtbar. Dann erklingt wie ein Donnerschlag Rammsteins „Führe mich“. Man ist in Von Triers Weltfrüh angekommen. Seligman (Stellen Skarsgard) ist es, der zufällig in den Hinterhof blickt und die Frau entdeckt. Er hilft ihr auf, nimmt sie mit zu sich nach Hause und kümmert sich um die Fremde. Joe (Charlotte Gainsbourg), so heisst die Frau, ist erschöpft, hat ihre körperlichen Kräfte verloren, wirkt aber gefasst und selbstbewusst. Ihr Aufenthalt bei Seligman scheint ihr eine körperliche Verschnaufpause zu geben. Die beiden kommen ins Gespräch. Joe fängt an von ihren Erlebnissen als geborene Nymphomanin zu berichten. Seligman konterkariert ihre Erzählung meistens mit seinem Wissen über das Fischen, was dem Film auch eine humoristische Note verleiht. Seligman ist der Kopfmensch, während Joe sich körperlich durch das Leben bewegt. Sie berichtet über ihre vielen sexuellen Erlebnisse und Ausschweifungen – über ihre verschiedenen Liebhaber und deren unterschiedlichsten Ausprägungen. Joe wird in ihren jungen Jahren von Stacy Martin verkörpert, die in ihrer ersten Filmrolle sehr lebhaft wirkt und wohl in Zukunft noch häufiger zu sehen wird. In Berlin wurde Volume 1 des Films in der Langversion uraufgeführt und erreichte eine Länge von 145 Minuten. Zusammen mit der Langversion des zweiten Teils dürfte der komplette Film also knapp fünf Stunden erreichen. Dabei erwies sich zumindest der erste Teil als keine Sekunde langweilig. Mit seinen vielen Rückblenden wirkt der Film episodenhaft, jede einzelne Erzählung – De Sade als Vorbild offensichtlich – an sich ist dabei perfekt durchkomponiert – vom Dialog, über die Musik bis hin zur Ausleuchtung und den umwerfenden Darstellern. Von Trier versteht sein Fach meisterlich. Die Sexszenen passen dabei zum Kontext. Wenn auch expliziter als im Kino gewohnt, wirken diese wenig skandalös, sondern sind Bestandteil einer Story, in der es um die sexuelle Lebensgeschichte einer Frau geht – und die noch nicht zu Ende erzählt ist.

Preisträger 2014:
Goldener Bär für den besten Film: “Bai Ri Yan Huo” (Schwarze Kohle, dünnes Eis) von Yinan Diao (China)

Silberner Bär/Großer Preis der Jury: “Grand Budapest Hotel” von Wes Anderson (USA)

Silberner Bär für die beste Regie: Richard Linklater für “Boyhood” (USA)

Silberner Bär für die beste Darstellerin: Haru Kuroki in “Chiisai Ouchi” (Das kleine Haus) von Yoji Yamada (Japan)

Silberner Bär für den besten Darsteller: Fan Liao in “Bai Ri Yan Huo” (Schwarze Kohle, dünnes Eis) von Yinan Diao (China)

Silberner Bär für eine herausragende künstlerische Leistung: Jian Zeng – Kamera in “Tui Na” (Blinde Massage) von Ye Lou

Silberner Bär für das beste Drehbuch: Anna und Dietrich Brüggemann (Deutschland) für “Kreuzweg”

Alfred-Bauer-Preis: “Aimer, boire et chanter” (Lieben, Trinken und Singen) von Alain Resnais (Frankreich)

Goldener Bär für den besten Kurzfilm: “Tant qu’il nous reste des fusils à pompe” (Solange uns Pumpguns bleiben) von Caroline Poggi und Jonathan Vinel

Silberner Bär für den besten Kurzfilm: “Laborat” von Guillaume Cailleau

Bester Erstlingsfilm:”Güeros” von Alonso Ruizpalacios

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