Ein guter Jahrgang geht zu Ende. Unter dem Vorsitz des deutschen Schauspielers Udo Kier hat sich die Jury für die Preisträger entschieden. Es sind Entscheidungen, die man gut nachvollziehen kann. (dap)
Der Pardo d’oro, der Hauptpreis des internationalen Wettbewerbs, geht an den südkoreanischen Regisseur Hong Sangsoo für Ji-geum-eun-mat-go-geu-ddae-neun-teul-li-da (Right Now, Wrong Then). Somit wird der Goldene Leopard erneut an einen asiatischen Beitrag verliehen, nachdem sich im letzten Jahr Lav Diaz aus den Philippinen mit seinem Epos From What Is Before durchsetzen konnte. Sangsoos Film gehörte zu den zugänglicheren Werken des Wettbewerbs und erzählt von den ersten Stunden, in denen ein Mann eine Frau kennenlernt. In der Mitte des Films stoppt die Handlung und die gleiche Geschichte wird nochmal erzählt; leicht anders, mit anderen Schwerpunkten und doch ebenso gut beobachtet und liebevoll inszeniert. Right Now, Wrong Then passte dadurch gut zum Wettbewerb, der reich an unterschiedlichen Erzählformen und experimentierfreudigen Stilen war. Jung Yae-Young, der darin die männliche Hauptfigur – einen Filmregisseur – spielte, wurde zusätzlich als bester Darsteller geehrt.
Der Spezialpreis der Jury ging an Tikkun von Avishai Sivan. Der mittlere Teil einer Trilogie des israelischen Regisseurs erzählt nach Ha’Meshotet erneut von einem ultra-orthodoxen Religionsschüler in Jerusalem. In faszinierenden schwarzweissen Bildern gedreht, taucht der Film in den Alltag des talentierten Schülers ein; dieser gerät nach einer Nahtoderfahrung in eine Glaubenskrise. Für seine eindrücklichen Aufnahmen erhielt der Kameramann Shai Goldmann eine besondere Erwähnung.
Dass Udo Kier, dessen massives Oeuvre mitunter selbst einige subversive Filme enthält, dem Altmeister Andrej Zulawski einen Preis zugestehen würde, konnte man sich schon im Voraus gut vorstellen. Zu betonen ist jedoch, dass sich Zulawski für Cosmos – sein Regie-Comeback nach 15 Jahren Pause! – den Regiepreis sehr wohl verdient hat. Zwar sicherlich nicht jedermanns Geschmack, ist sein Film ein zitatreiches Kunststück geworden, das frisch und zugleich bis ins letzte Detail überlegt wirkt.
Der japanische Beitrag Happy Hour war mit über 5 Stunden Laufzeit der längste Film des Wettbewerbs. Regisseur Ryûsuke Hamaguchi erzählt darin von vier Frauen in ihren Dreissigern, die eine tiefe Freundschaft verbindet und die ihr Leben nochmal hinterfragen, nachdem sich eine von ihnen scheiden lässt. Tanaka Sachie, Kikuchi Hazuki, Mihara Maiko und Kawamura Rira teilen sich verdienterweise den weiblichen Darstellerpreis. Ausserdem wurde der Film für sein Drehbuch besonders erwähnt.
Leer ging der Schweizer Film Heimatland aus, dem Experten während des Festivals gute Siegchancen zugewiesen haben. Auch die beiden US-amerikanischen Beiträge James White und Entertainment hätten sich zumindest für einen Darstellerpreis angeboten.
Übersicht der Gewinner des Concorso internazionale:
Pardo d’oro
JIGEUMEUN MATGO GEUTTAENEUN TEULLIDA (Right Now, Wrong Then) von HONG Sangsoo, Südkorea
Premio speciale della giuria (Spezialpreis der Jury)
TIKKUN von Avishai Sivan, Israel
Pardo per la miglior regia (Beste Regie)
ANDRZEJ ZULAWSKI für COSMOS, Frankreich/Portugal
Pardo per la miglior interpretazione femminile (Beste Darstellerin)
TANAKA SACHIE, KIKUCHI HAZUKI, MIHARA MAIKO, KAWAMURA RIRA für HAPPY HOUR von HAMAGUCHI Ryusuke, Japan
Pardo per la miglior interpretazione maschile (Bester Darsteller)
JUNG JAE-YOUNG für JIGEUMEUN MATGO GEUTTAENEUN TEULLIDA (Right Now, Wrong Then) von HONG Sangsoo, Südkorea
Besondere Erwähnungen
Für das Drehbuch von HAPPY HOUR von HAMAGUCHI Ryusuke, Japan
Für die Kameraarbeit von Shai Goldman in TIKKUN von Avishai Sivan, Israel
Alle weiteren Preise findet ihr hier.
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