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Locarno 2017: Ein Jubiläum ist Familiensache

25/08/2017 By (dap) Leave a Comment

Das Filmfestival von Locarno wird 70 Jahre alt. Ein Jubiläum bietet sich an, um zurückzublicken. Auch wenn man von der Festivalseite her lieber vorausblickt. Zum Geburtstag gönnte man sich nicht nur einen kürzeren Namen – „Locarno Festival“ -, sondern man eröffnete auch den neuen Festivalpalast „PalaCinema“ – ganz in Gold. Dem Festival scheint es also gut zu gehen – da ist ein Blick in die Zukunft gerechtfertigt und angebracht. Dennoch hat man die wichtigsten Entdeckungen von damals in der Sonderreihe „Locarno70“ gewürdigt und erste, bedeutende Schritte von Regisseuren – z.B. Michael Hanekes Der Siebente Kontinent oder Poison vom anwesenden und geehrten Todd Haynes – wieder aufgeführt. (dap)

Das ist nett. Doch wie weit kann ein Festival zurückblicken? Macht es überhaupt Sinn? Natürlich darf man sich fragen, ob diese Aufgabe nicht besser bei Kritikern, Filmwissenschaftlern und Kuratoren aufgehoben ist. Schlussendlich ist ein Rückblick auch etwas persönliches – und zwar auch im Sinne „auf die Personen bezogen“.  Das heisst, man weisst damit auch auf die Errungenschaften wie auch auf Fehler nicht mehr amtierender Personen hin. Verständlich also, dass Festivalpräsident Solari sowie Programmverantwortlicher Carlo Chatrian einen Vorausblick einem Rückblick vorzogen – auch weil zu viel Beifall für sich selbst arrogant wirken kann. Und dafür ist der aktuelle Status Quo des Festivals aus künstlerischer Sicht noch zu unspezifisch, die Programmierung zu wenig zwingend. Oder wie es der deutsche Filmkritiker Rüdiger Suchsland formuliert hat: „Den Locarno Film gibt es nicht“.

Es stimmt, dass sowohl die Filme auf der Piazza Grande, dem Internationalen Wettbewerb und dem Concorso Cineasti del presente untereinander austauschbar sind. Sowohl in ihrer Qualität, ihrer Internationalität sowie ihrem Entdeckungspotential. Das erschwert den Kritikern und Cineasten die Perlensuche. Andererseits gilt es aber auch festzuhalten, dass man diese Entdeckungen in Locarno machen kann. Oft noch roh und ungeschliffen, aber auffindbar und wenn man sie gefunden hat – z.B. der letztjährige „Presente“-Gewinner El auge del humano – umso schmackhafter.

Familienangelegenheiten

Schon im Vorfeld des Festivals war klar, dass sich die „Familie“ als roter Faden durch das Programm ziehen wird. Ein Jubiläumsjahr bietet es geradezu an, sich auf den Wert der Familie zu besinnen. Dabei war die Auslegung dieses Begriffs sehr facettenreich. Am Samstagabend zeigte man auf der Piazza Grande einen Cannes-Film. Good Time mit Robert Pattinson. Der Titel ist natürlich ironisch gemeint. Denn die Safdie-Brüder zeichnen in ihrem Film ein besonders düsteres Bild der Stadt New York, das ein bisschen an die frühen Filme von Martin Scorsese erinnert. Von der Ästhetik her erinnern sie auch an Gaspar Noé – insbesondere was die Farben der Metropole in der Nacht anbelangt (bei Noé Paris und Tokio), noch mehr aber die ständige Bewegung der Protagonisten. Auch erinnern sie an den Berliner Nachtfilm Victoria, der mit seiner One-Shot-Erzählweise, eine einzigartige Nähe zum Geschehen kreiert, fühlt man sich erinnert. Vielleicht auch weil Good Time mit einem ähnlich ausweglosen Raubüberfall beginnt. Und dann von der Flucht des ungleichen Brüderpaars erzählt. Der jüngere, geistig-behinderte Bruder Nick (gespielt von Benny Safdie selbst) bleibt schon früh auf der Strecke und leistet somit dem älteren Bruder Connie (Robert Pattinson) einen Bärendienst. Denn dieser muss nun nicht mehr nur seinen eigenen Kopf und das Geld retten, sondern auch seinen Bruder irgendwie aus der Haft befreien. Es beginnt eine dunkle Odyssee durch New York fernab der Touristen Hot-Spots.

Der Film wurde in einer Tropennacht gegen Mitternacht gezeigt und wusste mit seinen Elektro-Klängen schon gleich zu Beginn das Piazza-Publikum wachzurütteln, was nach dem zuvor gezeigten Film Sparring auch etwas nötig war. Das Box-Drama von Samuel Jouy zeigte Mathieu Kassovitz als gealterten Boxer in einer Hauptrolle. Der französische Schauspieler und Regisseur erhielt an jenem Abend dann auch einen Ehrenpreis, den er leicht beduselt mit Champagner-Glas in der Hand – der Preis wurde von Moët & Chandon gesponsert – entgegennahm. Sparring ist kein schlechter Film. Er beeindruckt am meisten in seiner Art den Boxer und den Boxsport unspektakulär darzustellen. Dann, wenn die Ambitionen längst flöten gegangen sind, wenn Niederlangen keine Rolle mehr spielen. Und doch zieht sich Steve Laundry immer wieder die Handschuhe an. Weil er eben seine Brötchen verdienen muss und weil es sein Job ist.  Und vor allem weil er seine Familie versorgen muss. Die Möglichkeit als Sparring-Partner für einen Champion zu arbeiten ist da eine willkommene Finanzspritze. Zuhause kommt die vermeintlich gute Nachricht jedoch nicht so an, denn als menschlicher Punching-Ball im fortgeschrittenen Alter steht seine Gesundheit auf dem Prüfstand. Der Film umgeht vielen Konventionen, die das Box-Genre sonst mit sich bringt und rückt die sozialen Zusammenhänge des Lebens eines Boxers ins Zentrum.  Das kann man so machen, wurde in der Vergangenheit auch schon mehrmals meisterlich vorgemacht. Doch um als Boxdrama ohne die Unterhaltungswerte des Sports ganz zu überzeugen, würde der Film mehr dramaturgische Zuspitzung benötigen.

Kulturelle Unterschiede

Mrs. Fang heisst der diesjährige Gewinner des Goldenen Leoparden. Dass dieser chinesische Dokumentarfilm den Hauptpreis gewann, hat vielleicht drei gute Gründe. Zum einen behandelt er das Festivaloberthema „Familie“ in einer seiner vielleicht schwierigsten aber ebenso elementarsten Formen – dem langsamen Ableben eines geliebten Familienmitglieds. Zum anderen dürfte der Film dem Jurypräsidenten Olivier Assayas besonders angesprochen haben, der sich in seinem letzten Film Personal Shopper erneut mit dem Thema „Tod“ auseinandergesetzt hat (ausserdem war Assayas auch mal mit der Chinesin Maggie Cheung verheiratet). Und zum Dritten Punkt – der wohl Entscheidendste: Mrs. Fang ist ein aussergewöhnliches Dokument, das das unausweichliche Sterben seiner Protagonisten zeigt, so wie es nun mal ist. Hervorzuheben ist dabei der kulturelle Unterschied, in dem sich dieser Prozess ereignet. Frau Fang scheint nie alleine zu sein. Ständig umgeben von Familie, Freunden und Bekannten (oder vom Filmteam). Zwar stehen diese manchmal etwas ratlos am Bettrand und man weiss ja nicht, wie viel die an Alzheimer leidende Greisin noch wahrnimmt, doch sie ist nie allein. Sie bleibt Teil der Familie, sie bleibt zuhause, und das bis zum Schluss.

Viel über Familienverhältnisse zu erfahren, gab es auch im südkoreanischen Beitrag Cho-Haeng. Ein junges Paar um die Dreissig macht einen glücklichen Eindruck. Gemeinsam leben sie in einer kleinen Stadtwohnung und leben ihr Leben. Wäre da nur nicht der latente – oder doch eben hin und wieder aufbrechende – Druck der beiden Familien. Zunächst besuchen sie die Eltern der Frau, später die Familie des Mannes. Auf beiden Seiten begegnen sie Unverständnis und Entfremdung. Es erscheint als ob die Weiterentwicklung ihrer Beziehung gleichzeitig auch die Loslösung von etwas Vertrautem ist. Damit etwas Neues entstehen kann, muss man sich eben von etwas Altem lösen können. Auch wenn ihre Beziehung dadurch auf die Probe gestellt wird, scheint dieser Prozess ebenso Hoffnung in Aussicht zu stellen. Die Chance auf eine neue Familie entsteht. Dae-Hwan Kim erhielt den Preis als bester Nachwuchs-Regisseur.

Haariges Vergnügen und ein weiterer Gewinner

A boas maneiras  ist portugiesisch und heisst übersetzt “die guten Mannieren”. Ein passend pointierter Titel für diesen schlitzohrigen brasilianischen Beitrag. Das Regie-Duo Marco Dutra und Juliana Rojas gelingt ein frischer Mix aus Arthouse-Drama und Horror-Komödie. Dafür teilen sie ihren Film in zwei Teile. Im ersten Teil wird die dunkelhäutigen Clara von der reichen, weissen Ana als Hausmädchen angestellt. Ana ist Schwanger, ein Mann ist jedoch nicht im Haus. Zwischen den beiden Frauen entsteht ein Liebesverhältnis und Ana lüftet das Geheimnis um den Vater ihres Kindes. Mit quälenden Schmerzen kündigt sich eine frühzeitige Geburt an. Und diese endet in einer unererwarteten Splatterszene, die man dem bisher ernsten Film nicht unbedingt zutraute. Ana überlebt die Geburt ihres Sohnes nicht und der Film springt einige Jahre in der Zeit vor. Mittlerweile kümmert sich Clara liebevoll um den Jungen, doch auch die beiden hüten ein haariges Geheimnis – denn bei Vollmond wird Joel angekettet, bevor er sich in eine wolfartige Kreatur verwandelt. Bald schon mag er aber seine Andersartigkeit nicht mehr akzeptieren, um dem Kindsein nachzugehen – mit fatalen Folgen. Die Kreatur-Effekte regen zum Schmunzeln an, lassen sie die Kreatur doch eher etwas schrullig wirken als angsteinflössend. In dieser Hinsicht nimmt sich der Film auch nicht ganz ernst. Wichtiger ist ihm sowieso das Thema der Unterschiedlichkeit, das die brasiliansiche Bevölkerung prägt.

3/4 gewann den Hauptpreis des Concorso Cineasti del presente. Jene Sektion, in der es vor allem um Entdeckungen geht, also um junges Kino mit Potential. Oder anders gesagt, um junges Kino, das sich etwas traut, das Tendenzen und einen Stil erkennen lässt. So geschehen beim Bulgaren Ilian Metev, dessen Familienportrait sich vor allem auf der formellen Ebene einprägt. Der talentierten Mila steht eine glänzende Zukunft als Pianistin bevor. Ihr letzter Sommer zuhause ist jedoch von gemischten Gefühlen geprägt – und von zwei männlichen Familienmitgliedern. Ihrem jüngeren Bruder, der nur Flausen im Kopf hat und ihrem Vater, der ihr mit seinen banalen Geschichten am Esstisch auch kaum eine Stütze ist. Der jungen Frau ist der Zwiespalt zwischen hoffnungsvoller Zukunft und schwerem Abschied des Vertrauten ins Gesicht geschrieben. Immer wieder begleitet die Kamera die Protagonisten beim Gehen. Sei es im Wald oder durch die Stadt, teilweise nur auf eine Person fokussiert, oft vorausgehend. Man bewegt sich, man spricht miteinander. Mila ist gedanklich woanders. Wohin führt ihr weg?

 

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