von Sarah Stutte
Das ewz.stattkino feiert dieses Jahr seine 15. Festivalausgabe. Vom 14. bis 28. Februar warten auf die Zuschauer im ewz-Unterwerk Selnau und im Arthouse Le Paris in diesem Jahr deshalb ganz spezielle Leckerbissen. Mit dabei ist auch diesmal wieder die Zürcher Theatergruppe „kraut_produktion“, die mit ihren aberwitzigen Live-Synchronisationen jedes Jahr als Highlight des ewz-stattkino gilt. Zahlreiche Science-Fiction Trashperlen wie „Barbarella“, „Event Horizon“ oder „Raumpatrouille Orion“ standen in den vergangenen sechs Jahren auf dem Programm. 2013 wagten sich die vier Stimmwunder Thomas U. Hostettler, Michel Schröder, Vivien Bullert und Herwig Ursin mit „Das Testament des Dr. Mabuse“ sogar erstmals an einen Krimi. Im damaligen Interview kurz vor dem Auftritt erklärte Thomas U. Hostettler, warum sie manchmal selbst einen Lachanfall bekommen und wie sich die Gruppe auf eine Synchronisation vorbereitet.
Groarr: Gleich geht es auf die Bühne. Bist du jetzt speziell nervös?
Thomas U. Hostettler: Nein. Ich bin total relaxt und voller Vorfreude. Das macht total Spass, aber leider ist es auch so schnell wieder vorbei.
Ihr synchronisiert seit 2009 jeweils immer einen Film für das ewz-stattkino. Wie kam es zur Zusammenarbeit?
Die Organisatoren vom ewz-stattkino kannten unsere Produktionen, die wir für die Gessnerallee gemacht haben und fragten uns an. Natürlich hatten wir daran Interesse. Seitdem machen wir die Synchronisationen immer in dieser festen Vierer-Konstellation.
Nach welchen Kriterien werden die Filme ausgesucht?
Meistens schlage ich etwas vor und lege dabei das Hauptaugenmerk auf Streifen, die von der Grundstruktur schon trashig und spannend sind. Dann frage ich mich, wie man aus ihnen mit einer Live-Synchronisation noch mehr herausholen kann. Weil wir ja neben den Dialogen auch sämtliche Hintergrundgeräusche selbst machen, muss natürlich eine gute Grundlage her, aus der man schöpfen, auf die man aber auch aufbauen kann.
Müssen die Filme denn auch speziell dialoglastig sein?
Nicht unbedingt. „Dark Star“, den wir als erstes für das ewz-stattkino synchronisiert haben, hatte fast gar keinen Text, „Raumpatrouille Orion“ dagegen war schier endlos mit Dialogen bespickt. Ich suche die Filme nach Thema aus, unter Berücksichtigung der Stärken jedes einzelnen Sprechers und der Figuren. Ich frage mich also, ob es in einem Film interessante Rollen gibt, die etwas mitbringen und wie diese zu uns passen würden oder wir zu ihnen. Jeder von uns spricht immer mehrere Rollen. Spannend wird es, wenn sich in einer Szene alle Figuren eines Sprechers gemeinsam in einem Raum befinden. Man stellt die Figuren einander gegenüber und redet quasi die ganze Zeit mit sich selbst. In dem schnellen Tempo ist das eine schauspielerische Herausforderung. Man ist dem Wissen um das Chaos ganz und gar ausgeliefert. Manchmal passiert es trotzdem, dass man durcheinander kommt. Das war zum Beispiel bei „Raumpatrouille Orion“ so, als jemand von uns sechs verschiedene Stimmen auf einmal sprechen musste und sich verhaspelte.
Bei der Vorstellung war ich dabei. Ihr habt alle einen minutenlangen Lachanfall bekommen.
Total. Wir konnten uns nicht mehr beruhigen. Wir sind immer sehr konzentriert auf unsere Einsätze. Wenn aber etwas Unvorhergesehenes passiert, etwas, das wir nicht geprobt haben, können wir uns auch nicht zurückhalten. Genau das ist wichtig für uns: Offen zu bleiben, gerade weil die Vorstellungen live sind. Manchmal vergessen die Leute das während der Vorführung, weil oben noch der Film läuft. Die Reaktion des Publikums, wenn es merkt, dass wir das doch 1:1 machen, ist immer wieder spannend zu beobachten.
Wie lange probt ihr für eine Vorführung?
Nicht zu lang und nicht zu kurz. Als Regisseur bin ich schon vor allen anderen ganz im Film drin. Wir treffen uns ein paarmal, um die Dialoge und wichtigsten Einsatzpunkte durchzugehen. Dabei merken wir wie es funktioniert, wenn wir alle zusammen sind. Danach probt jeder für sich zuhause mit der DVD. Ich hoffe immer, dass wir alle unsicher genug bleiben, damit das Ganze am Schluss lebendig wirkt und nicht zu gut passt. Der Ablauf kann ruhig in Schieflage geraten, damit die Vorführung auch den Charme der Live-Synchronisation transportiert. Manchmal ist es das Beste das passieren kann, wenn man den Einsatz verpasst und alles durcheinander bringt. Im freien Fall lässt es sich besser improvisieren.
Wie studiert ihr die verschiedenen Dialekte ein?
Jeder von uns bringt besondere sprachliche Fertigkeiten mit und schaut einfach, welche Figuren ihn am meisten inspirieren. Ich setze mir immer Vorbilder. Das müssen nicht Schauspieler sein, oft sind das andere Persönlichkeiten oder Menschen, mit denen ich privat zu tun habe. In der Auseinandersetzung mit diesen Charakteren entstehen meine Dialekte. Ich lasse auch gerne Frauen Männerstimmen reden und umgekehrt. Manchmal genügt es schon, nur die Stimme zu verstellen, da man allein mit der Färbung viel machen kann. Irgendwann hat man die Figur sprachlich so geprägt, das man eins mit ihr wird und gar nicht mehr gross überlegen muss, wie sie etwas sagt.
Nicht verpassen:
Am diesjährigen ewz-stattkino wird kraut-produktion dem Sci-Fi-Klassiker „Flash Gordon“ (der diesmal vom ewz-Team ausgewählt wurde) den eigenen, urkomischen Stempel aufdrücken. Wer für diesen Abend noch einen Platz ergattern will, sollte unbedingt den Vorverkauf nutzen!
Was sonst noch sehenswert ist:
Das Erlebniskino mit der besonderen Note hat mit Varietétheater („Big Fish“, Festivaleröffnung), Live-Sounds („Taking Woodstock“, „A Clockwork Orange“, „Mullholland Drive“), Stylingcorner („Edward Scissorhands“) und Charleston-Crashkurs („Midnight in Paris“) ein rundum gelungenes Programm zusammengestellt.
Infos und Vorverkauf unter www.ewz.stattkino.com und www.arthouse.ch.
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